Stand: 18.03.2023
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URN: urn:nbn:de:0233-2019062522 [ PDF-Dokument ]
Rolf
Badenhausen
Zwölf
um
Dietrich von Bern — Heldenphysiognomie aus der Retorte?
Geburt, Jugend, Heirat, Taten und Tod als nicht
realitätsgebundene, sondern dichterische oder pseudohistorische
Formelbausteine zur Erzeugung von Heldendenkmälern. Figurative
Netzwerkkomponenten, die zu den Tragpfeilern der Thidrekssaga zählen
sollen. Assembliert noch in Anlehnung an altphilologische Erkenntnisse,
dass ihre Hauptfigur nicht oder nicht hinreichend mit dem
ostgotischen Theoderich identifiziert werden kann. Abgesegnet mit
neuerlichen forschungsinspirativen Investitionen, deren Nährböden im
Bannkreis dichterischer Heldenepik und verlockend subtilen Potenzials
zeit- und raumvariabler Stoffaneignung synthetisiert wurden.
Heinz Ritter-Schaumburg hat diese grundsätzliche
Quellenanschauung mit konstruktiven Gegendarstellungen zurückgewiesen.
In ihrer Reaktion haben
sich Germanistik, Nordistik und Skandinavistik unter anderem darauf
verlegt, die berichtgeografisch wie handlungsstrategisch jedoch
unhaltbare „oberitalienische Provenienz des Dietrichstoffs der
Thidrekssaga“ anhand auch figurativ zweifelhafter Deutungen, etwa
mit einem gar venezianischen Hildebrand, weiterhin zu protegieren.
Die somit hauptsächlich romanische
Gestalten- und Gestaltungsidentifizierungen bevorzugende
Forschung verfolgt demnach – noch mit Amalern, die nach den
vorliegenden Quelltexten jedoch nirgends
mit Thidreks Vorfahren in Verbindung gebracht werden können – von
höchst fragwürdiger Intertextualität und
Komparatistik geprägte Interpretationsrichtungen, deren Theoreme,
Zielsetzungen und Erkenntniswerte mit einer nicht
minder hinterfragwürdigen
Quellenauffassung über die altwestnordischen und altschwedischen
Handschriften einhergehen dürfen.(1)
Nun stammt aus dem für die Thidrekssaga
forschungsbibliografisch
und literarinterpretatorisch schier grenzenlos errichteten ostgotischen
Freiraum
noch der bemerkenswerte Versuch, eine historiografische
Überlieferung anhand einer Mengenkonstellation von 12 +1 als ein Transmissionswerk von scheinbar
vorherrschend fiktiven
geschichtlichen Berichten zu relativieren. Insoweit wird für ein
Sagenmilieu „Theoderichs des Großen“ auch
weiter impliziert, dass
für die altwestnordische
Reproduktion des Dietrich von Bern
ursprünglich keine hinreichende
Anzahl an historisch glaubhaften Gefolgsleuten tradiert worden war und
deswegen – zum zielstrebig geplanten Aufbau eines Zwölferbundes nach
systematischem Gestaltungsprinzip – mit der Vita des Berner Königs
teils historische oder legendäre, teils rein fiktive Gestalten
verknüpft wurden.
Die Historizität der Thidrekssaga betreffend bleibt
damit unter anderem zu hinterfragen, ob
und in welchem Umfang ihre Skriptoren tatsächlich auf diesen
Zwölferbund fixiert sind oder, im Interesse von zum Teil fragwürdiger
Forschung, sein müssen.
Ausgehend von Ritter-Schaumburgs grundsätzlicher
erzähltypologischer Auffassung über die Thidrekssaga wäre demnach vor
allem abzuwägen, ob eine nach ihren Kernerzählungen konsistente
Geschichtsüberlieferung – so auch mit einer herkunftsgeografischen
Zusammenführung
von Dietrichs zwölf
Gefolgsmännern – von einem
hochmittelalterlichen
Chronisten mit einem teils unterhaltsamen epischen, teils auch
plattitüdenartigen Rahmenwerk historiografiert werden durfte. Man
vergleiche übrigens diese altwestnordisch wie altschwedisch angegebene
Heldenzahl mit jenen „suo suorumque XII nobilissimorum“
des fränkisch zu identifizierenden Hugo Theodericus in
den Annales Quedlinburgenses, aber auch
zur Vorlagengebung und -verarbeitung des
von Hermann Reichert nahegelegten Thidrekssaga-Großwerks die
niederdeutsche bzw. Wedinghausener Quellenhypothese von Roswitha
Wisniewski.
Die Auftritte der zu Thidreks bzw. Dietrichs Zwölferbund
gezählten Gefolgsmänner lassen sich gemäß Carl R. Ungers
Handschriften-Partitionierung in diesen Kapiteln bzw. Kapitelbereichen
der Thidrekssaga lokalisieren:
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Mb 15
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Hildebrand
wird Lehrer, Berater und somit besonderer „Gefolgsmann“ von Dietrich
von Bern.
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Mb 18–20
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Heime
wird Gefolgsmann.
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Mb 80–81
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Witig
will Dietrichs Gefolgsmann werden und zieht nach Bern.
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Mb 82
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Hornboge
als designierter Gefolgsmann genannt.
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Mb 103
|
Fasold
wird Gefolgsmann.
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Mb 106
|
Sintram
wird Gefolgsmann.
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Mb 124
|
Þetleif
(mit ausführlichem Vorbericht) wird Gefolgsmann.
|
Mb 130
|
Amelung
wird Gefolgsmann.
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Mb 132
|
Wildeber
wird Gefolgsmann.
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Mb 133
|
Herbrand
wird Gefolgsmann.
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Mb 134–145
|
Heerfahrt
von „Attila“ und Dietrich gegen Osantrix. Der
Berner König verfügt über zehn Gefolgsleute. Neben Dietrich nur
Herbrand, Witig und Wildeber in den Handlungen genannt.
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Mb 146–151
|
Zug
gegen Jarl Rimstein. Streit und Zerwürfnis zwischen Witig und Heime.
Hildebrand nicht, Wildeber nur kurz erwähnt.
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Mb 152–169
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Sigfrids
Kindheit und Jugend. Über die Niflungen.
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Mb 170
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König
Gunter wird Gefolgsmann.
|
Mb 170
|
Hagen
wird Gefolgsmann.
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Mb 171–224
|
Heraldik
und Persönlichkeitsprofile der zwölf Gefolgsmänner. Bertanga-Zug.
Amelung heiratet eine Tochter von König Isung (Mb 223).
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Mb 225
|
Hornboge,
Amelung, Sintram und Herbrand verlassen den Zwölferbund.
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Mb 226–230
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Über
Vermählungen und Verhältnisse zwischen Sigfrid und Grimhild, Gunter und
Brünhild.
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Mb 231–239
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Herbort
und Hilda, König Dietrich o. G. (‚Sintram’ = Tristram)
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Mb 240
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Vermählungen
von König Dietrich, Fasold, Þetleif.
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Mb 241–244
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Walther
und Hildegund; Hagen.
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Mb 245–275
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Über
Iron und Isolde, Apollonius, Iron und Bolfriana, Ake d. Ä. Neben König
Dietrich agieren nur Heime und Witig (vermählt mit Bolfriana, Mb 275).
Mb 269 erwähnt Þetleif.
|
Mb 276–290
|
Über
Ermenriks Machtkonsolidierung und Ausdehnung. König Dietrichs
Vertreibung. Es agieren Hildebrand, Heime und Witig.
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Mb 291–315
|
In
diesem Teil der Wilzenüberlieferung wird, Hildebrand und Wildeber
ausgenommen, kein weiterer Gefolgsmann erwähnt.
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Mb 316–341
|
Gransport,
Erkas Tod. Berichte über Hildebrand, Wildeber †, Witig (flieht,
vermisst).
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Mb 342–348
|
Sigfrids
Tod.
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Mb 349–355
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König Isungs Wilzenzug.(2) Fasold †, Þetleif †.
Dietrich unbeteiligt!
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Mb 356–394
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Niflungenuntergang,
Gunter †, Hagen †.
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Mb 395–415
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Dietrichs
Rückkehr nach Bern. Herrat als seine Frau erwähnt. Einzug in Rom.
Hildebrand †.
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Mb 423–428
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Aldrians
Rache; o.G.
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Mb 429–437
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Heimes
Klosterepisode und Tod (436). Dietrich rächt Heime (437).
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Mb 438
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König
Dietrich †. (Altschwedische Addenda: Witig †, König Dietrich †.)
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Anmerkungen
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o.
G.: ohne Gefolgsmann
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Da
es sich bei den altwestnordischen Handschriften aus vorrangig
erscheinenden
Indizienkontexten nur um eine übersetzerische Übertragung eines
umfassenden chronistischen oder historiografischen Materials aus einem
mittelalterlich-deutschsprachigen Raum handeln kann – soweit dieses
Postulat auch zur wahrscheinlichsten Transmission kaum zu erschüttern
ist –, sieht der Verfasser in diesem Fall keine Veranlassung zur
Übernahme von sämtlichen vergleichbaren altwestnordischen Termini.
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|
Dem
Rechnung tragend wird hier größtenteils auf die deutschsprachigen
Gestaltennamen der von H. Ritter-Schaumburg bevorzugten
Thidrekssaga-Ausgabe von F. H. von der Hagen zurückgegriffen. Die von
Carl R. Unger eingeführte wie auch hier verwendete Kapitelteilung bzw.
-nummerierung findet sich u.a. in der englischen Übersetzung von Edward
R. Haymes (1988), der französischen Ausgabe von Claude Lecouteux (2001)
wie auch in der insgesamt verlässlichen inhaltlichen Darstellung von
Hans-Jürgen Hube (2009). Dessen Ausgabe folgt weitgehend den
kodikologischen Kriterien von Fine Erichsen (1924; vgl. dazu insb. isl.
Hs. A) und gibt die Kapitelangaben abschnittsweise in Fußnoten an. [ Erweitertes
Inhaltsverzeichnis der Übertragung von Hans-Jürgen Hube ]
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Der kollektive Auftritt der
Zwölfergruppe um Dietrich ist
offenbar lediglich auf das Gastmahl und
die
Isung-Kämpfe beschränkt und gegenüber dem Hauptgewicht der übrigen
Berichte der Thidrekssaga nicht sonderlich
prägnant.(3)
Mit
Sigfrid (Sigurd, Sigord), dem noch hinzukommenden Gefolgsmann des
Berner Königs, wird die
zahlenmagische Schallmauer mit
„mach 13“ recht eindrucksvoll durchbrochen. Die Brüder Ake d. J. und
Egard, zwei im Gegensatz zu Ermenriks Interessen immerhin als
linientreu zu bezeichnende und noch von der Blómstrvalla saga
heldenhaft herausgestellte Blutsverwandte von Dietrich, werden nicht
dem Kreis seiner engsten Mitstreiter zugerechnet. Demnach mangelte es
offenbar nicht an einer größeren Auswahl an selektierbaren
Gefolgsleuten für die
Titelgestalt der Thidrekssaga.
Stärke und Symbolik eines geeinten Zwölferbunds werden
jedoch weder für sämtliche Ostlandzüge noch zu Gransport und Susat
bemüht. Vielmehr besitzen neben Hildebrand, Dietrichs Gefolgsmann,
Lehrer und Berater, nur Heime, Witig, Þetleif und Wildeber die mit
deutlichen Abständen größten erzählerischen Anteile an den Berichten
der Thidrekssaga. Nicht nur diese Helden, sondern auch die mit eigener
Historie gewürdigten Gefolgsmänner Gunter (Gunnar) und Hagen (Hǫgni)
erscheinen als individuelle und aus
erzählerischen Perspektiven eher nicht mit dem Zwölferbund
assoziierbare Größen. Aus erzähllogischen Gründen wird man dies wegen
der nach Mb 225 aufgelösten Gruppe auch für die meisten Teilnehmer des Bertanga-Zugs
nicht einfordern können.
Es lässt sich grundsätzlich
feststellen, dass die Vermählungen der Zwölferbund-Helden zu
unterschiedlichen Ereignissen bzw. verschiedenen Anlässen nicht nur
solitär, sondern teils gemeinsam, teils auch komprimiert (Sigfrid,
Gunter) angegeben werden. Dies gilt grundsätzlich auch für den Exodus
der Helden, die, wie z.B. Þetleif und Fasold, offenbar heldenepisch
entworfener Fahrplanmäßigkeit zugeführt werden sollen. Originalton
Susanne Kramarz-Bein [2002:58; s. u. Quellen]
mit Hervorhebungen des Verfassers: „Diese
beiden werden aber im Burgundenuntergang nochmals aktiv
und erst entsprechend später durch Tod aus der Saga
entlassen.“
Auch diese beispielhaft suggestive Anmaßung oder
unabsichtliche Annahme kann mit einer sachlichen Stoffbetrachtung in
Dietrichs altnordischem Erzählungsmilieu nicht begründet und daher nur
entschieden zurückgewiesen werden.(4)
Fachwissenschaftlich
propagierte „Heirats- und Todessequenzen“ müssen jedoch hinreichenden
Fallzahlen mit entsprechend erkennbarer Abfolgesystematik genügen.
Allerdings werden uns die Todesschicksale von vier Mitstreitern des
Berner
Königs nirgends mitgeteilt. Im Fall der ebenfalls nur lückenhaft
vorliegenden Heiratsnotationen jener Helden der Zwölfergemeinschaft
sind die zu ihren Vermählungen führenden Erzählungen allerdings so
beschrieben, dass im Interesse auszudeutender Erzählintention sich aus
diesen Vorgängen keine gemeinsamen Schnittmengenanteile zum Negieren
eines glaubhaften Hintergrunds aufzeigen lassen. Auch wenn z.B. Dietrichs
Brautwerbung nach den Berichten von Mb 231 bis Mb 239 nicht
erfolgreich verläuft, bleibt weiterhin hypothetisch, dass sein
Scheitern deswegen und flugs mit einer planmäßig erdichteten
Dreierhochzeit kompensiert werden musste.(5)
Inwieweit wegen des
hauptsächlichen Interesses der Thidrekssaga an politischen
Verhältnissen und militärischen Auseinandersetzungen den überlieferten
Heldenhochzeiten hypothetische Positionierungsrelevanz zugestanden
werden darf, so unter Berücksichtigung literarstilistischer und
insoweit auch planungsstruktureller Schemata, ist für die Historizität
der Thidrekssaga nicht von erstrangiger Bedeutung. Gegenüber einer
unkritisch erschlossenen „Heiratssequenz“ bleiben allerdings
Brautwerbungen und Vermählungen zu differenzieren, bei denen weniger
ritterliches Kolorit als vielmehr machtpolitische Interessen eine
unübersehbare Rolle spielen. Hier lassen sich Traditionslinien
identifizieren, die auch in anderen Überlieferungen Einlass fanden und
daher nicht ohne Weiteres einer heldenepischen Inszenierung des
altwestnordischen Skriptors zugewiesen werden können. So die politisch
motivierte Verbindung von König Sigmund mit der Tochter von König
Nidung/Eylimi [Verfasser 2007:444], so auch König „Attilas“
Brautwerbung und Ehelichung von König Osantrix' Tochter Erka [Verfasser 2007:279–282].(6)
Ein weiteres Beispiel für eine mit politischen Interessen verbundene
Vermählung, hier aus dem Kreis des Zwölferbunds, zeigt sich in der
Verbindung von Witig mit der Witwe von Ake d. Ä, die einvernehmlich mit
König Dietrich abgesprochen
wurde. Hier ist wiederum geopolitisches
Kalkül, in diesem Fall zur Machtkonsolidierung des Berner Herrschers,
zu erkennen. Wie später zu Gransport berichtet wird, muss sich Dietrich
angesichts Ermenriks Einfluss jedoch den Überläufer und Gegner
Witig eingestehen.
Sowohl Heinz
Ritter-Schaumburg als auch der Verfasser haben der Thidrekssaga eine
Zeittafel unterlegt, für deren Chronologie nur wenige Kapitelbereiche
der vorliegenden Handschriften umzupositionieren und für deren
Gestalten-Vitae somit weitestgehend keine biologischen
Ausnahmeverhältnisse festzustellen sind. Zum eher objektiven
Stellenwert eines forschungstendenziell hoch gepriesenen „Strukturplans
der Thidrekssaga“ darf auch diese Erkenntnis auf die altwestnordische
Verarbeitung einer chronistischen Vorlage hindeuten. Insoweit können
die nachweislichen Bemühungen vom dritten Membrane-Redaktor,
gewisse gestalterische Einflüsse auf die Tektonik der Thidrekssaga und
insbesondere bereits vorliegende Niflungenberichte ausgeübt zu haben,
daher nicht „m.E. als wichtiges Argument gegen die von Hempel,
Wisniewski und Andersson (zuletzt 1997) für die Þiðreks saga und
besonders deren Niflunga saga vertretene ‚Übersetzungsthese’ “
[Kramarz-Bein 2002:62] umgemünzt werden.(7)
Nicht nur die vom dritten Schreiber und
Schriftführer bewahrte Arbeit des zweiten Skriptors, sondern auch die
zu manchem Kriterium aufschlussreiche Konzeption der A/B-Handschriften
– so deren Berichtpositionierungen von „Attilas“ Brautwerbung um Erka,
Walther und Hildegund – lassen vielmehr und sehr wohl eine
chronikalische Vorlagenstruktur zu, für die einerseits eine
verschollene Schriftfassung postuliert werden darf und die andererseits
– im Rahmen der festgestellten redaktionellen Reorganisationen (vgl.
Mb2 mit Mb3 zur Niflungen-Genealogie) – zugunsten einer
offenbar aktuell aufzuwertenden Historia transferiert wurde. Die
z.T. „reformistische Stoffverarbeitung“ der Membrane
widerspricht
mithin nicht Ritter-Schaumburgs analytischen Gegenüberstellungen der
altwestnordischen mit den altschwedischen Handschriften, für die er –
was
edierungshierarchisch nun keineswegs auszuschließen ist – eine
gemeinsame schriftliche Vorlage postuliert. Die z.T. auch
enzyklopädisch verbreitete Vorstellung, dass „wir aus dem
Niederdeutschen, vor allem auch literartypologisch gesehen, keinerlei
Belege für eine solche Erzähltradition haben“, lässt sich nach den
textkritischen Analysen von Waldemar Haupt, Helmut Voigt, Roswitha
Wisniewski, William J. Pfaff (Rezension über Wisniewski) und anderen
Autoren, die eine
verschollene Großvorlage bereits mehr als wahrscheinlich gemacht haben,
nicht
erhärten.
Es lässt sich ferner feststellen, dass nach den
Textausgaben des dritten Membrane-Redaktors
wie auch der übrigen Skriptoren der Festlandhandschrift nicht einmal
für die Hälfte der Helden des Zwölfergespanns Hochzeitsmeldungen
überliefert werden. Bereits diese Tatsache zu diesem Detailkriterium
harmoniert kaum mit einer von Thomas Klein scheinbar überzeugend
aufgedeckten Regiearbeit aus altwestnordischer Feder, die sich übrigens
auch nicht mit den Todesschicksalen von immerhin vier Helden dieses
Bundes abgeben will. Schon diese beiden Kontexte kann Klein nicht
schlüssig in seiner strukturmethodologischen Betrachtung unterbringen,
zu der er anhand von Heldenzugängen und -abgängen auch außerhalb der
Zwölf die Thidrekssaga mit einer Bühne gleichsetzt, die „ebenso
systematisch ... mit Figuren besetzt wurde, wie sie nun wieder
leergeräumt wird“ [1985:522].(8)
Diese Auffassung kann jedoch nicht die von
Ritter-Schaumburg näherungsweise aufgezeigte Ereignischronologie und
-geografie einer von Roswitha Wisniewski im Wesentlichen chronistisch
determinierten Quellenfassung erschüttern, die allerdings – wie nicht
nur hier angemerkt – altwestnordischem Erzählungsverständnis gerecht
werden sollte.(9)
Noch näher einzugehen ist
auf die Sitzordnung bei König Dietrichs
Gastmahl. Zu seiner Rechten
sitzen Gunter, Hagen, Hildebrand, Hornboge; zur linken Witig, Amelung,
Þetleif, Fasold, Sintram, Wildeber, Herbrand und Heime. Vom Ende
dieser Sitzreihe und -folge ausgehend finden die ersten fünf Bertanga-Kämpfe
in exakter Sequenz „zu Dietrich aufwärts“ statt. Danach, also
mit
Amelungs Aufruf und erstem Sieg für die Berner Gäste, lässt sich
allerdings kein mit anderen Darstellungen sequenziell
korrespondierendes Muster erkennen.(10)
Wenn ein auffälliges nominales Verhältnis der ersten
fünf Bertanga-Kämpfe zur Sitzordnung beim Berner Gastmahl so
aufschlussreich hervorgehoben und gedeutet wird wie etwa von Thomas
Klein und Susanne Kramarz-Bein, dann sollte zumindest die zitierende
Autorin für den jähen Abbruch der zum Mengenmythos Zwölf
ohnehin minderheitlichen Sequenz sich um so weniger in kommentarloses
Schweigen hüllen. Insoweit kann auch längst nicht von einem „durchgängigen
Erzählplan“ [Kramarz-Bein 2002:53] der Thidrekssaga gesprochen und
weiter unkritisch pauschalisierend ausgedehnt werden, dass jene
Beobachtungstatsache überdies „keinen Zweifel an einem der Þiðreks
saga zugrunde liegenden Bauplan läßt“ [Kramarz-Bein 2002:55].
Wenn es in den Folgerungen dieser Autorengemeinschaft weiter heißt,
dass „die Heldenreihung der eigentlichen Isungenkämpfe nach dem
Prinzip der Steigerung gestaltet und diese Reihenfolge teils von
zunehmendem Rang und teils von der zunehmenden Kampfstärke der Helden
bestimmt ist“ [Klein 1985:532], dann wird man sowohl nach
neuzeitlichen wettkampflichen Regelarien als auch frühgeschichtlichem
Brauchtum hier ein weiteres Beispiel für die historiografische
Veranlagung der Thidrekssaga konzedieren müssen. Insoweit stehen diese
beiden Sequenzbildungen einer Gelehrtenfassung u n d
Verarbeitung eines Quellenmaterials aus einem wesentlich chronistisch
geprägten Milieu nicht entgegen. Übrigens gibt der Bertanga-Bericht
noch zu denken, dass sich der zweifellos mächtige König Isung nicht mit
dem Aufruf zum zwölften, sondern elften Turnierkampf zufriedengeben
musste.
Die
auf Handlungen mit erheblich kleineren Heldengruppen fixierten Kern-
und Schwerpunktberichte der Thidrekssaga – und dazu zählen eher nicht
König Dietrichs Gastmahl und
der Bertanga-Zug – weisen der von
Susanne Kramarz-Bein und anderen Autoren hoch- und überbewerteten
„Heldengalerie“ und „Heldentypologie“ lediglich ephemere
Ausstrahlungskraft zu. Das im Licht fragwürdiger Forschungsauffassung
sezierte und überbeanspruchte Platzierungs- und Zahlenspiel des dritten
Membrane-Skriptors und mutmaßlichen Chefredaktors
reduziert sich auf eine sukzessiv unvollständige kombinatorische
Zuordnung – hier ohnehin mit namentlich nicht genannten Isung-Söhnen.
Und so sind es vielmehr jene Einzelschicksale von lediglich einem
halben Dutzend Kämpen aus Dietrichs
Heldenschar, die dem Leser
nachhaltig in Erinnerung bleiben: Darunter der Susater
Schlangen-Tod eines ebenso machthungrigen wie kurzsichtigen Gunter,
doch überstrahlt vom Rächerherz eines charismatischen Hagen, das seinem
antizipierenden Wesen nie und nimmer genommen werden und noch in seinem
Sohn weiterschlagen sollte. Bei Gransport jenes dramatische
Duell zwischen Hagens Ex-Gegner Walther und dem loyalen Akrobaten
Wildeber, das nicht weniger als zwei Sieger und zwei Verlierer
hervorbringt. Dann Witigs Ungestüm, das nur wenig später kein
geringerer als Dietrich von Bern
in den Fluten der Mosel versenkt.(11)
Noch zu nennen wäre der Vater-Sohn-Konflikt zwischen Hildebrand und
Alebrand, vor allem aber die eindrucksvollen und bedrückenden Taten des
nibelungentreuen Dietrich-Gesellen Heime, dessen unbarmherzige
Aktionen
schließlich von einer Art „höherer Naturgewalt“ gesühnt werden.(12)
Die in der
Quellenforschung begegnenden gestaltungstypischen Charakteristika
historiografischer Stoffverarbeitung lassen nach den Bertanga-Berichten
über Dietrichs Zwölfergruppe,
den Positionierungen der
Heldeneinführungen sowie ihrer Schlussberichte und demnach zum
Gesamtwerk Thidrekssaga vielmehr erneut folgern, dass die narrative
Spannweite einer mittelalterlichen Geschichtsüberlieferung mit ihrer
wie auch immer strukturrelevant auffälligen Gestaltungssystematik nicht
in Frage gestellt, sondern ausgeschöpft wird. Und auch insoweit mag
also die Zwölfzahl der Thidrekssaga als ein keineswegs überspitzt zu
sezierendes erzählmethodisches Instrument und Signum aus deren
geistlichem Verschriftlichungsmilieu zu interpretieren sein.(13)
|
1
Das Anführen und Verwerten von Parallelen aus
mediävaler Bibliografie kann aufgrund ihrer inhaltlichen
Variantenvielfalt – und insoweit wegen einer kaum abschätzbaren, aber
kontextuell divergierenden Fülle scheinbar analoger Vermittlungsmuster
aus historischen und heldenepischen Quellen – nicht unbedingt gegen
Ritter-Schaumburg, wohl aber zu einem unseriösen Umgang mit
unabhängigen historischen Zusammenhängen und somit einer Entkräftung
der konstitutiven Berechtigung mittelalterlicher Chroniken und
Historiografien führen. Insoweit haben auf derartigem Forschungs- und
Interpretationsvorgehen beruhende Folgerungen – u.a. aus „scheinbar
evident übertragbaren Interaktionsmustern“ – die von Ritter-Schaumburg
erkannte historiografische Identität und historische Kompatibilität
der Thidrekssaga jedoch nicht in Frage stellen können.(i)
|
Dagegen haben
interpretativer Amalgamisierungstrieb und Deutungsbegehren auch und vor
allem der neueren Textforschung nicht davor zurückgeschreckt, zu
verschiedenartigen chronistischen und dichterischen Herrschertypologien
rezeptionelle Abhängigkeiten u.a. anhand scheinbar eigennamentlicher
Entsprechungen zu implizieren, um diese nicht zuletzt gegen
Ritter-Schaumburg und die Thidrekssaga zu verwenden – als wenn es in
und zu niederdeutschen, fränkischen und burgundischen Überlieferungen
z.B. nur einen Gunnar-Gunther-Guntram-Guntiarius, z.B. nur einen hunnischen Attila, doch neben oder nach diesem niemals einen spätantiken,
historischen, spitznamentlichen Atala-A(k)tilius gegeben haben darf.
|
Die rund sieben Jahrhunderte betragende
Spannweite zwischen
Ritter-Schaumburg und jener unkritisch übernommenen Vorstellung eines
mittelalterlichen Prologverfassers über „Sagengenese“, Stoffgeschichte
und Berichtgebung (im Sammlungsbestand der jüngeren A/B-Handschriften)
ist ein anschauliches Beispiel für kaum zu überbrückende
Forschungsgegensätze.(ii)
Hierzu mag ein Kausalzusammenhang insoweit bestehen, als
dieser mittelalterliche Kommentator die (von Ritter-Schaumburg auch zu
deren Ursachen begründend aufgezeigten) toponymischen und buchstäblich
literalen Übertragungsfehler aus dem vorrangig erscheinenden
niederdeutschen Quellenmaterial dieser Handschriften nicht hinlänglich
validieren konnte. Nach der für uns und ihn verfügbaren
altwestnordischen
Bibliografie muss insofern jedoch auch mit den zweifellos berechtigten
Möglichkeiten gerechnet werden, dass einerseits zu den chronikalisch
und detailliert überlieferten niederdeutschen Ortsangaben, andererseits
zur eigennamentlichen Unterscheidung, genügenden Identifizierung und
Lokalisierung der Hauptfigur der Thidrekssaga weder frühmerowingische
oder rheinfränkische Überlieferungen noch eine zeitadäquate
ostrheinisch-niederdeutsche Geografie und Historiografie greifbar
waren. (Vgl. dazu die hauptsächlich von H. Ritter-Schaumburg neu
determinierte Geografie der altwestnordischen und altschwedischen
Handschriften.)
|
Insoweit erscheint nachvollziehbar, dass ein
altwestnordischer Bibliograf
und
Rezensent bei seiner stoffgeschichtlichen, wegen einer für ihn jedoch
uneindeutigen historischen Ausgangslage nur spekulativen „Thi(o)drek“-Exkursion
vielmehr Dietrichs mittelrheinisches Bern in ein widersprüchliches
Verona-Milieu eines von dort nie ausziehenden italienischen
Theoderich verlegte. Je mehr
die gegenwärtige Lehrauffassung diesen vormals und hier offenbar
nicht zu Unrecht von manchem Analysten als „Sagamann“ eingestuften
Literaten auch weiterhin mit nicht überzeugenden Vorstellungen
interpretieren
möchte, desto weniger wird sie nach Ritter-Schaumburgs Beiträgen fähig
sein, sich im Interesse dringlich angezeigter Emendationen von ihrem
dogmatischen
Forschungskollegialismus und -protektionismus zu lösen. Eine
Grundsatzproblematik, deren Wurzeln, Dimensionen, Exempel sich bis in
die mittelalterliche Scholastik zurückverfolgen lassen.
|
Der Verfasser
vermerkt in Endnote 3
seines Netzbeitrags Zur
Schuldfrage von „Attila“ und Grimhild, Atli und Gudrun:
|
„Trotz
einiger irriger inhaltlicher Interpretationen heißt es im altnordischen
Prolog zur Thidrekssaga (Sammlungsbestand jüngere A/B-Handschriften),
dass sie in der Zeit entstanden ist, als
Kaiser Constantinus der Große gestorben war, welcher beinahe die ganze
Welt zum Christentum bekehrt hatte; aber nach seinem Hintritte verfiel
das Christentum wieder und erhoben sich allerlei Irrtümer, so dass in
dem ersten Teil dieser Saga niemand war, der den rechten Glauben hatte
...
|
Flavius
Valerius Constantinus starb in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts.
Vergleicht man mit dieser Zeitangabe die inhaltlichen Darstellungen der
ersten Berichte der Thidrekssaga und Dietrich-Chronik, so fallen nach
Ritter-Schaumburgs Zeitmarken sowohl die Geburtszeiten von Samsons
Vaterbruder Thetmar als auch Hildebrands Großvater „Ragbald” in die
zweite Hälfte bzw. den Endbereich des 4. Jahrhunderts.“
|
————————————
i
Zu
den von
Ritter-Schaumburg eher „unhistorisch” indizierten Darstellungen zählen
u.a. die bei Barkhausen im Teutoburger Wald gefundenen Großtierspuren,
mit denen eher der heimatkundige Überlieferer als ein altwestnordischer
Redaktor für zwei Gefolgsmänner von König Dietrich (Sintram und Fasold)
eine Episode liefert. Die mittelalterlich beliebte und bis zu frühen
christlichen Bildzeugnissen zurückverfolgbare Motivik des
Halbverschlungenen begegnet u.a. in der oberdeutschen Virginal,
einer aventiurehaften
Dietrichepik (vermutlich noch 13. Jh.) und in der von Konrad Justinger
verfassten Berner Chronik (15. Jh.) wonach ein
Sintram bei der von ihm miterbauten schweizerischen Festung Burgdorf
seinen Bruder Baltram (Beltram) aus einem Drachen herausgeschnitten
haben soll. Die Abhängigkeit der Thidrekssaga-Episode mit Sintram und
Fasold von südlicher oder romanischer Tradition, siehe auch deren
Vermerke im Reimepos Biterolf und Dietleib, kann anhand
verfügbarer Quellen jedoch nicht aufgezeigt werden.  |
|
ii
Überlieferungstypologische
Merkmale wie auch historische/historiografische Angaben in diesem
Vorwort zur Thidrekssaga wurden bereits früh in Zweifel gezogen. So
auch bereits von Frantzen, der selbst von z.T. prosaischer
Spielmannsepik als Vorlagenmodell der Thidrekssaga ausgehen will („Über
den Stil der Þiðrekssaga“; Neophilologus, 1916:208). Aus neueren
Veröffentlichungen siehe Hube 2009:410f.; vgl. auch Ritter-Schaumburgs
Kritik am Prologus der Thidrekssaga 1989:743–744 (Neuausgabe ihrer
Übersetzung nach F. H. von der Hagen).
 |

|
|
2 Für die Ostlandzüge setzt ihn der
Verfasser Isung dem
Spielmann gleich [2007:294]. In allen übrigen Teilen der
Wilzenüberlieferung wird er sonst nicht genannt, man beachte auch die
„Verwechslung“ nach Mb 350. Mb 125 und Sv 125 erwähnen die Gegenwart
des „Berner Spielmanns“ bei Þetleifs Ausschweifungen, siehe ferner Mb
129. Nach Ritter-Schaumburg gehören jene aufschwellenden Beiträge zur
Gestalt Þetleifs nicht zum Kernstoff der Thidrekssaga, sondern zu
späteren Ausgestaltungen [1989:115]. 
|
|
3 Soll die Ausnahmeerscheinung Sigfrid
mit dem Gewicht
der zwölf Mitstreiter von König Dietrich
aufgewogen und überzeugt
werden? Der Verfasser 2005:132 und 2007:346 f. mit einem politischen
Hintergrund. 
|
|
4 Zur Abstützung der Position von
Heinrich Beck schreibt
Kramarz-Bein 2002:5 zur Thidrekssaga- Forschung von
Ritter-Schaumburg:
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„Zu Ritters
Ansatz und Ergebnissen vgl. Hofmann 1990 und Becks wohlwollende
Rezension 1993, die letztlich aber keinen Zweifel daran lässt, daß
Ritter mit seiner Vorgehensweise dem literarischen Charakter der Saga
nicht gerecht wird, dies vor allem deshalb nicht, weil bei ihm die
„Sagen-Onomastik“ „zum direkten Gradmesser für die Geschichtstreue des
Dargestellten“ (Beck 1993:442) gemacht, also das Dargestellte als
Spiegel von Realität (als identifizierbare Lokalitäten und
‚geschichtliche’ Begebenheiten) aufgefaßt wird.“
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Es folgt der
auch anderenorts zitierte Pauschalschluss von Heinrich Beck:
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„Die Ths.
erweckt für den naiven Leser den Eindruck eines geschichtlichen
Berichts über historische Ereignisse im niederdeutschen Raum (und
angrenzenden Gebieten). Dazu trägt nicht zuletzt das vom Verfasser
unterlegte und von H. Ritter hochbewertete Ortsgerüst bei. Allerdings
ist die Botschaft der Thidrekssaga subtilerer Art und nicht als
antiquarischer Bericht über einen angeblichen Dietrich, König zu Bonn,
zu verstehen. Die germanistische Sagenforschung hat längst erkannt (und
die Mündlichkeitsforschung bestätigt es erneut), daß Sagentradition
keine antiquarische Vermittlung ist, sondern jeweils einer aktuellen
Aneignung entspringt’ (1993:446).“
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Anschließend
bezieht sich Kramarz-Bein auf bibliografische Titel einer Reihe von
Verfassern, die sich durchaus kritisch mit Ritter-Schaumburg
auseinandersetzen. Nichtsdestoweniger opfert sie die z.T. deutlich
abweichenden Perspektiven und Betrachtungsschwerpunkte dieser Autoren
auf dem Altar jener zur Doktrin erhobenen Vorgehensweise, die
chronistisch-räumliche Verbindlichkeit zum etablierten Desiderat
eines im Wesentlichen scheingeschichtlich-oralen Vermittlungstypus'
ohne
überzeugenden Rückhalt demontiert, ins ostgotische Milieu
auslagert und ebenda sagenwahrhaft glauben machen will.
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Der
gravierende
Standpunktunterschied zwischen der germanistisch-nordistischen
Literaturforschung und Ritter-Schaumburg besteht hauptsächlich darin,
dass man mit ihm die Thidrekssaga lediglich lesen muss, um aus ihren
Berichten historiografische Darstellungen von
fränkischen Expansionszügen des 5. und 6. Jhs. in mittelrheinische und
niederdeutsche Räume zu entnehmen. Jedoch entspricht diese
Art von Stoffbetrachtung nicht der vorherrschenden Lehrmeinung
über die Thidrekssaga, die ihre Darstellungen vielmehr in den
romanischen Bereich verschiebt, um nicht zuletzt mit höchst
beachtlichen
Notationen an hanebüchenen Gestaltenpositionierungen,
Raumdeterminierungen und Deutungskonstruktionen absonderliche
Beziehungen zu einem ostgotischen Theoderich zu eruieren. So lassen
sich unstimmige Denkmäler zum Glaubenmachen verschriftlichter
(Un-)Glaubwürdigkeiten – selbst innerhalb mittelhochdeutscher
Dietrichdichtung – assoziieren, dekretieren oder als „kognitive
Merkmale
aus kollektivem Gedächtnis“ gar glaubwürdig auf einen dortigen
Theoderich „transformieren“.
So z.B.
Elisabeth Lienert
per ‹historische› Dietrichepik (2010),
die unter diesem Übertragungsmodus – auf mittelhochdeutschen
„Dietrich-Vorstellungen“
basierend – das asynchrone Modulieren mit den
widersprüchlichen Kennwerten aus historischer Theoderich-Vita und
anachronistischen Ermanarich-Odoaker-Verknüpfungen verstanden wissen
will. Jedoch entkräftet sie ihre Auffassung mit der Erkenntnis, dass insgesamt
trotz kategorialer Unterschiede zwischen heroisch-kollektiver
Memoria und klerikal-lateinischer Historiographie auffällig ist, wie
wenig die Fluchtepen (insbesondere die Vorgeschichte von ‹Dietrichs
Flucht›) und ‹Alpharts Tod› die «geschichtliche Rückendeckung» der
Theoderich-Historie suchen (S. 243).
Hierzu begreift sie deren und dessen
„Transformation“, die des siegreichen Eroberers und Machthabers in den
glücklosen Exilanten jedoch nicht mehr als Problem der
mittelhochdeutschen Überlieferungen (S. 231–232):
... den
Bezug zum Gotenkönig Theoderich belegen die Chroniken; für die
Dichtungen spielt er keine Rolle.
Dem kollektiven Gedächtnis geht es nicht um exakte politische
Konstellationen, sondern um eine Vergangenheit, die nicht
Faktengeschichte, sondern Vorgeschichte der eigenen Gegenwart und
Lebensform ist. (...) Eine «formative» oder «normative» Funktion
«identitätssichernden» kollektiven Wissens ist in diesem Fall nicht
konkret festzumachen.
Mit unstimmigen bzw. widersprüchlichen
Voraussetzungen nach den historischen und dichterischen Lebensläufen in
Theoderichs und Dietrichs Leben lässt sich Lienerts
„Transformationsgleichung“ wegen
insgesamt unbefriedigender Identifizierungsmerkmale auf ein
höchst fragwürdiges „Transformationsgleichnis“ relegieren. Und wie sie
bereits zu Wahrheitsanspruch und „Verbürgtheit“
heroischer Überlieferung darauf hingewiesen hat, ist „geglaubte
Historizität“ – sofern man diese einer vom mittelhochdeutschen Autoren-
und Rezipienten-Milieu geprägten „kollektiven Memoria“ abverlangen
wollte – kein Zuordnungskriterium für Vergangenheitsfaktizität; vgl.
u.a. S. 3–7,247. Schon die lateinische Chronistik hat einerseits auf
die eklatanten Unstimmigkeiten zwischen den Vitae von Theoderich und
eines Dietrich von Bern
textkritisch hingewiesen; andererseits haben mittelhochdeutsche
Gelehrte „Gegenwartsbedürfnisse einer kollektiven Memoria pro
Theoderich“ jedoch nirgends definitiv bestätigt, ihn vielmehr als
heroisierte Gestalt abgelehnt. Die Antwort auf die Frage, ob der
Ostgote als diametral projizierter und sagenplausibel vertretbarer
Dietrich als historisch widersprüchliche „Inspirationsfigur“ geradezu
evident herhalten musste, wird deren „Identifikation via
Transformation“ keineswegs gerecht. Da Lienert ohnehin konzediert,
dass der Bezug zum Gotenkönig Theoderich für die Dichtungen keine Rolle
spielt, sondern einem weder «formativ» noch «normativ» zu bezeichnenden
«identitätssichernden» kollektiven Wissen um eine Vergangenheit geht,
die Vorgeschichte vielmehr der eigenen Gegenwart und Lebensform
angemessen sein
soll, widerspricht sie selbst der Zulässigkeit jener Ausgangsgröße für
ihre pseudologische Dietrich-„Theoderich“-Transformationsgleichung.
Und so haben sich mittelhochdeutsche
Gelehrte schon seit dem 12. Jahrhundert
nachdrücklich gegen die Einbeziehung ostgotischer Geschichte – und
somit Theoderichs d. Gr. – für das historische und literarische
Vorbild
für Dietrich von Bern
ausgesprochen:
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- Der
Schreiber und Bibliothekar Frutolf von Michelsberg († 1103) weist in
seiner „Chronica“ die Übertragbarkeit von Jordanes' ostgotischer
Geschichte auf volkstümliche Dietrich-Tradition
zurück.
- Der
Chronist Otto von Freising († 1158) hält die als historisch wie
zeitgenössisch dargestellten Beziehungen zwischen dem Greutungenkönig
Ermanarich, dem südosteuropäischen Attila und einem offensichtlich
amalischen Theoderich für unwahre Erzählungen.
- Der
Verfasser der 1140/1150 geschriebenen Kaiserchronik bezeichnet die
Oraltradition über Dietrich
als Lüge und ruft nach einem 'liber' für
die Behauptung, dass Etzel (Attila) ein Zeitgenosse von Dietrich
gewesen sein soll: Swer nû welle bewaeren,
das Dieterîch Ezzelen saehe, der haize daz buoch vur tragen. Nichtsdestoweniger hat der Autor dieser Reimchronik
versucht, diesen Dietrich in
einen historischen Kontext zu
positionieren und „erdichtete“ dazu dessen Großvater als älteren Dieterîch, der somit als
der Zeitgenosse des Hunnenkönigs Ezzelen erscheinen soll.
- Der
italienische Geschichtsschreiber und Dichter Gottfried von Viterbo
versetzt in seinem Pantheon
(1187–1190) Theoderich d. Gr. nach „Verona“ und setzt sich damit die
über die Tatsache hinweg, dass dieser Theoderich nach kreditierten
Chronisten zu keiner Zeit seinen Sitz im italienischen Verona hatte.
Er schreibt: Leo imperator cum
Ostrogothis pacem componens, Teodericum, filium Teodemari, scilicet
Veronensis, de quo Teotonici sepissime miram narrant audatiam, obsidem
recepit, cum octo esset annorum. (Pantheon nr. 18; in: MGH
SS 22, S. 188.) Hier übersetzt:
Der
Kaiser Leo, der mit den Ostgoten Frieden schloß, nahm Theodericus, den
Sohn des Theodmarus, nämlich aus Verona, von dem die ‚Teotonici‘
erstaunlichste Kühnheit erzählen, im Alter von acht Jahren als Geisel.
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Im
Vergleich zur chronistischen Kompetenz Ottos von Freising schneidet
Gottfried aus heutiger Sicht offensichtlich schlechter ab, wie
auch Hans Werner Seiffert zusammenfassend feststellt: „Zwar hatten beide ein
endzeitliches Bewusstsein, aber Gottfried würde nie die strenge
Wissenschaftlichkeit Ottos von Freising erreichen.“ (Seiffert, Otto von Freising und Gotfried von Viterbo,
in: Philologus Bd. 115 (1971)
S. 292–301.)
Ein
Nachweis, dass die „kollektive Memoria“ sich (nur einzig)
auf diesen Theoderich beziehen muss, findet sich ohnehin nirgends
erbracht; vgl. dagegen u.a. Joachim Heinzle und insb. das RGA zu
Quellenlage und hauptfigürlichem Überlieferungstopos des eher fränkisch
zu
sehenden Wolfdietrich, vgl. Kemp Malone mit fundierten ersten
Anhaltspunkten für die literarhistorische Identifizierung des
vergleichsweise frühen „Wolf-Dietrich von Bern“, vgl. auch
heldeneddische Lieder, deren Þioðrek
nicht ohne Weiteres
eine ostgotische Traditionsherkunft und Milieuzuweisung bescheinigt
werden kann.
Nach dem älteren Hildebrandslied
kann die
Sagengenese nicht einem ostgotischen bzw. italienischen Milieu
zugeschrieben
werden. Es befindet sich auch nicht im Widerspruch zu Dietrichs
Vertreibung nach den Quedlinburger Annalen, mit denen sich keineswegs
ein originäres Sagenmilieu um Theoderich den Großen konstituieren
lässt. Sie dürfen sich auf einen
nördlicheren „Odoaker“ beziehen, weil sie sich in Kenntnis der Tötung
des italienischen Odoaker – faktisch durch Theoderich d. Gr. – mit der
folgerichtigen Angabe »ne occideretur«
längst bewusst von dortiger
Geschichtsüberlieferung losgesagt hatten. Der in der
niederdeutschen Chronik überlieferte Theodericus
muss/kann nicht mehr zwingend der Ostgotenherrscher sein, der
übrigens nie von Odoaker vertrieben wurde! Und hierzu kann nicht das um
etwa ein Jahrhundert früher verfasste Hildebrandslied
als Gegenbeweis
angeführt werden. Auch wenn es „Ermanarich“ an keiner Stelle
erwähnt, darf längst nicht der Widerspruch reklamiert werden, dass es
ihn als zweiten und somit hinter Odoaker stehenden Erzfeind von
Dietrich nicht gegeben haben darf.
Saxo Grammaticus transferierte Dietrichs engsten Vertrauten als Hildiger
aus dem
Quellenmaterial der zum Hildebrand-Überlieferungskomplex
gezählten Ásmundar saga kappabana, die dessen hunaländisches
Reich und
Aktionsraum zwischen Dänemark, Sachsen und dem Rhein angibt, an dem er
schließlich auch (vgl. Saga Kap. 9) erschlagen worden sein soll.
Während der größte Teil vom Quellenmaterial der Thidrekssaga – das mit
an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit in Wedinghausen verfasst wurde (vgl.
Wisniewski, Pfaff, Badenhausen) – bereits im zweiten Viertel des 13.
Jahrhunderts nach Norwegen verschifft worden sein konnte, wurden in
dessen drittem bis viertem Viertel jene Dietrich-Vorlagen auf
ein
italienisches
Sagenmilieu zugeschnitten, die ihren literarkulturellen Niederschlag
u.a. in Dietrichs Flucht und Rabenschlacht finden
sollten: |
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(9.1:) Zum Verständnis der ‹ hierzu
relevanten ›
literarisch-kulturellen Zusammenhänge ist die historische Situation im
römisch-deutschen Reich des 12./13. Jh. von Bedeutung. Ausgehend von
den
Karolingern/Franken (768–911), den Ottonen/Sachsen (919–1024) und den
Saliern/Franken-Burgundern (1024–1125) war die politische Macht – und
damit das kulturelle Zentrum – vom niederdeutschen auf den
oberdeutschen Raum der schwäbischen Staufer (1138–1250) und dann – nach
einer wechselhaften Zeit des sog. Interregnums, z.B. mit Wilhelm von
Holland (1234–1256) – zu den österreichischen Habsburgern (ab 1273)
gewandert.
Die Zeit der Staufer-Kaiser: Friedrich I. (Barbarossa, 1147–1190),
Heinrich VI. (1190–1197) sowie Friedrich II. (1220–1259) – war eine
kulturelle Blütezeit mit Entstehung der höfischen Epen und Förderung
der oberdeutschen (mittelhochdeutschen) Sprache. Dabei sind die
deutschen Herrscher dieser Zeit nicht nur Deutsche Könige, sondern auch
Könige von Italien und meist Kaiser des römisch-deutschen Reiches.
Zur Sicherung ihrer Machtansprüche in Italien wurden unter den Staufern
Friedrich Barbarossa und Heinrich VI. insbesondere die schwäbischen und
bayrischen Fürsten mit Titeln und Herrschaften in Italien belehnt (…).
Folglich findet auch ein enger materieller und kultureller Austausch
zwischen der schwäbisch/bairischen Heimat und den (italienischen)
Schauplätzen statt, wie sich dies entsprechend in den
mhd. Dietrichepen deutlich erkennbar widerspiegelt.
Bereits 1061 verlieh Kaiser Heinrich III. die Markgrafschaft
Verona/Bern an Herzog Berthold I. von Zähringen, der den Titel
„Markgraf“ an seinen Sohn Hermann vererbte und dessen Söhne sich danach
„von Baden und Berne“ nannten.
Um 1176 belehnte Friedrich I. Barbarossa
Konrad von Irslingen (…) (Landkreis Rottweil) mit dem italienischen
Herzogtum Spoleto. Heinrich VI. ernannte ihn zusätzlich zum
Reichsverweser in Sizilien und Konrad von Lützelhard (Landkreis
Ortenau) um 1195 zum Markgraf von Ancona und Fürst von Ravenna. Ihre
Namen bzw. deren Adelsgeschlechter finden sich in den
mhd. Dietrichepen verewigt.
(9.2:) Wohl als
Reaktion auf diese
Fremdherrschaft kam es im 12./13. Jh. zu
mehreren Aufständen der norditalienischen Stadtstaaten (…) gegen die
„deutschen“ Römisch-Deutschen Kaiser. 1164 bildete sich – ausgehend von
Verona/Bern mit Mantua, Padua und Venedig – der Veroneser Bund und 1167
mit Erweiterung um die Städte Mailand, Bologna, Vicenza u.a. der
Lombardenbund.
Die Staufer Kaiser Friedrich I., Heinrich VI. und Friedrich II.
reagierten ihrerseits ab 1162 mit Feldzügen und Schlachten in Italien:
Mailand, Bologna und Ravenna (Raben) sind Städte, die uns in den mhd.
Dietrichepen begegnen. Bedeutend sind:
1176 Schlacht
von
Legnano: Sieg des Lombardenbundes
gegen Kaiser Friedrich I.
1237 Schlacht
von
Cortenuova: Sieg des Kaiserheers
unter Kaiser Friedrich II.
(9.3:) Die
Ereignisse – mit Konstellation: Römisch-Deutsche Kaiser ↔
Bern/Verona – finden wir in den mhd.
Dietrichepen gespiegelt. Wir sehen
z.B. die Herzöge von Zähringen (→ Fridung und Sigher) auf Seiten des
römischen Kaisers „Erm[en]rich“
gegen ein Herzogtum/Königreich Bern,
vgl. Dietrichs Flucht [DF] und Rabenschlacht [RS]:
DF (Z. 2834ff.): nu reit
er [Ermrich] … – ze Spolet in daz herzentuom – …, – ze Ankone uf der
marke –
do wuoste er liute unde lante.
DF (Z. 8637): Fridunc
von Zæringen [gelistet z.B. neben
Walter von Kerlingen]
RS (Z. 716): Sigher
hiez der hôchgemuot – er was von Zæringen.
Diese Beispiele mit Reminiszenzen an
süddeutsche Fürsten sind beliebig
fortsetzbar, so wie im Nibelungenlied insbesondere die Staufer,
Babenberger und weitere oberdeutsche Reichsfürsten angesprochen werden.
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Ulrich
Steffens, Die zeitliche
Entwicklung der Dietrichsage – Teil II. In: DER BERNER 88
(2021) S. 31–42; hier Zitat-Auszug S. 35–36.
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Ähnlich
wie Lienert argumentiert auch Joachim Heinzle in seiner Einführung in die mittelhochdeutsche
Dietrich-Epik (1999). Darin bemüht er für die raumzeitlich
widersprüchlichen Konstellationen von Theoderich/Dietrich mit
Ermanarich/Ermenrich und Attila/Etzel den Modus Operandi „aus asynchron
mach synchron“. Wie er dazu ausführt (S. 5), s e i
die Synchronisierung von
Ereignissen, die
zu verschiedenen Zeiten geschehen sind, und von Personen, die zu
verschiedenen Zeiten gelebt haben, ein typischer Zug der Umformung von
Historie in heroische Überlieferung. Zu dieser
„Heldenzeitverschiebung“ konzediert er zwar nachfolgend (S. 6), dass letztlich aber alle Erklärungsversuche
unverbindlich bleiben, beschneidet jedoch diese Erkenntnis
behände mit der Folgerung, dass man
nur grundsätzlich feststellen kann, dass sich die Umformulierung des
historischen Geschehens zur Fluchtsage an einem ,Situationsschema’
orientierte, das – mit einem mehr oder weniger festen Motivinventar
ausgestattet – aus älterer Erzähltradition geläufig gewesen ist.
Auch zu dieser Festschreibung finden wir nicht den
geringsten Hinweis, dass es sich hierbei um einen kaum mehr als
spekulativen Erklärungsversuch handelt.
Zu der offenbar dezidierten Urteilsfindung, dass die
altwestnordischen Texte vorüberlieferungs- und
gestaltungstypologisch hauptsächlich auf oberdeutscher Dichtung beruhen
sollen, findet
sich kein forschungsbibliografisch haltbarer
Nachweis. Dagegen haben unvoreingenommene Textuntersuchungen, darunter
eine anerkannte germanistische Habilitationsschrift, den am Beispiel
der Niflunga saga im Wesentlichen „chronistischen Quellentypus“ der
Thidrekssaga längst überzeugend dargestellt. Wie bereits an anderer
Stelle angemerkt bleibt zu heldenepischen Überlieferungstypologien
(dazu insbesondere niflungischem Kontext) noch u. a. nachzufragen,
warum der von Roswitha Wisniewski lokalisierte niederdeutsche Chronist
und Quellenlieferant der zur Debatte stehenden Texte anderenorts und
insoweit auch mittelhochdeutsch verschieden rezipierte
Vermittlungskomplexe nicht kompilativ ergänzend für seine
auffassungsgemäß raumoriginären wie insgesamt um kunstvolle narrative
Vollendung bemühten Geschichtsberichte berücksichtigen durfte.
Nichtsdestoweniger basieren fachwissenschaftliche
Vorstellungen über die Thidrekssaga als kaum oder nicht belastbare
Quelle auf Entscheidungskriterien, die aufgrund „sonst nicht
greifbarer“ quellengattungs- und inhaltsadäquater Vergleichszeugnisse
vielmehr oberdeutsche Reimdichtung samt „historischer“ Dietrichepik als
Wertungshorizonte zur Ignorierung chronistischer Quellentypologie
institutionalisiert haben. Eine zuletzt unter der Regie vor allem von
H. Beck gegen Ritter-Schaumburg zu verwenden versuchte Programmatik,
die mit überzeugend gesetzten Wertungsmaßstäben jedoch kaum etwas zu
tun haben kann.
Angesichts
eines unvollständigen migrationszeitlichen und mediävalen
Überlieferungsbestands relativieren sich gegenüber Ritter-Schaumburgs
„Ortsgerüst der Saga“ jene nur scheinbar greifenden Einsprüche,
wonach Ortsnamengebungen und lokalgeschichtliche Begebenheiten
grundsätzlich nicht vor deren frühester urkundlicher Verfügbarkeit
stattfinden dürfen. Solange gegen seine primären Erkenntnisse, soweit
diese mit spätantiken
chronistischen Quellentopoi keineswegs unvereinbar erscheinen, nicht
der entscheidend greifende und
im Kontext mittelalterlicher Historiografie dezidiert
begründete Einspruch vorliegt, kann die Thidrekssaga als historiografische
Quelle und Vita über
ihren rheinfränkischen Titelprotagonisten nicht revertiert werden. Und
auch insoweit lassen sich ihre Textzeugnisse – weder prima facie noch
anhand anerkannter Geschichtsschreibung sowie deren Textkritik – von
seriöser Forschung nicht als scheingeschichtliche sowie auf maßgeblich
oraler Tradition basierende Überlieferung klassifizieren.
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5
Zu Dietrichs Vermählungen
dankt der Verfasser dem
Lektorat für einen nachträglichen Korrekturhinweis zu Bild 7 auf S. 179
in „Sage und Wirklichkeit“: Nach Mb 240 heiratet der junge Dietrich
zuerst eine Tochter Gudilinda (Gudelinda – Got(h)elinde)
des
verstorbenen Königs Drusian, siehe Osning-Berichte der
Thidrekssaga. Diese Partie erscheint manchem Leser als pointierte
Anspielung auf die Gemahlin Suavegotta – Suavegotho von
Theuderich I., deren Name und
definitive eheliche Beziehung mit
diesem Frankenherrscher bei Flodoard von Reims auftaucht. Teile der
Forschung möchten sie als Tochter aus der Verbindung des Sigismund von
Burgund mit Theoderichs Tochter Ostrogotho-Ariagne identifizieren, was
jedoch zu einem erheblichen chronologischen Problem mit Suavegotho
(* um 504) als
Mutter der regina Theudechildis führt. Siehe dazu die Vita
von Theuderich I. Die geografische Interpretation des Eigennamens
der Gemahlin Theuderichs würde auf deren blutsverwandtschaftliche
Herkunft außerhalb von Burgund hindeuten. Siehe z.B. Eugen Ewig 1991:50–52.
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Auch die Gattin des
Markgrafen von Bakalar
führt den Namen Gudelinda oder Godelinda. Nach Mb 240
wird also eine weitere und hier in Svava
erkannte oder platzierte Gothelinde vorgelegt, der
anspielende Name für Dietrichs
Braut als Tochter eines ihm ebenbürtig
darzustellenden historischen Schwiegervaters.
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Hier lassen sich
offenbar anachronistische Erzählmotive festmachen, die sich der
Historiograf wegen damit nicht verknüpfter politischer oder anderer
signifikanter Entwicklung jedoch leisten konnte. 
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6 Zur Brautwerbung des Osantrix um
Oda, Tochter von
König Melias, wird zumeist unkritisch auf die von seriöser Forschung
nirgends belegte Abhängigkeit vom Reimepos König Rother
hingewiesen. Von intertextuellem Interesse ist dabei unter anderem,
woher diese Spielmannsdichtung seine korrespondierende
„Schuhproben-Episode“ bezogen haben mag: Während diese Einlage in den
altwestnordischen Texten mit einer ungeschickt platzierten doppelten
Motivgebung verbunden ist – Helmut Voigt vermisst in der
Brautwerbungsepisode der Thidrekssaga die klare Verdeutlichung
„legitimatorischer List“ in der Kombination aus Kniesetzung und
Schuhprobe –, findet man sie im König Rother auf andere Weise
deutlich erkennbarer dargestellt. Für eine verschollene bzw. nicht
verfügbare archaische Tradition als Lieferant dieser Szene spricht vor
allem, dass König Rother offenbar (auch) aus niederdeutscher
Tradition rezipiert. Daher besteht sehr wohl die Möglichkeit, dass der
unmittelbare Vorlagengeber für die altwestnordischen Handschriften von König
Rother bzw. dessen Vorüberlieferung gewusst hat. Zu den
geografischen wie auch literarischen Verfügungshorizonten des/der
Quellenlieferanten der Thidrekssaga ist insoweit längst nicht
ausgeschlossen, dass auch andere Werbungsgeschichten, so „Attala um
Erka“, auf originäre wie in den altwestnordischen Handschriften
bewahrte
lokalgeografische Verhältnisse anspielen. Die Präsenz analoger oder
überschneidender Episodenmuster in anderen Stoffkreisen lässt sich hier
wohl nicht ohne Weiteres gegen den von Roswitha Wisniewski und
Ritter-Schaumburg als chronistisch dominierend erkannten Quellentypus
der
Thidrekssaga und altschwedischen Texte (Ritter) anführen.
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Willi Eggers
erweitert den Vergleich zwischen der Brautwerbungsgeschichte in der
Thidrekssaga und im König Rother mit einer Rede der
Königstochter an ihren Vater [1936:99].
Mb 35 lautet nach Bertelsen Kap. 330 3 (II, 79):
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„hui villtu æigi gipta mic þeim konungi er sua
rikr maðr er at þenna hœfðingia rak
or sinu landi oc hyG at þessi mætti allt
þitt land vinna með sinu suerði. ef
hann vill lyppta orrostu igegn yðr."
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In der Übersetzung von F. H. von der Hagen:
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„Warum
willst
du mich dem König nicht geben, der so ein mächtiger Mann ist, daß der
diesen Häuptling aus seinem Land vertrieb? Und glaube, daß dieser hier
all dein Land mit seinem Schwert gewinnen würde, wenn er Streit gegen
dich erheben wollte.“
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Im König Rother spricht die Königin:
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„...
Owi we
gerne ich noch riete. / Daz men die boten liete. / Ritin hin zo lande.
/ Vnde vazzede sie mit gewande. / Sulicher slachte iz were. / Daz man
en mochte giuen mit heren. / We mochte iz bat bestadet sin. / Nu
gedenke herre constantin / daz sich dise nicht nemochten er weren. / We
woldestu den dich vor rothere generen ...“
(Übertragung nach Frings und Kuhnt.)
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Auch
Eggers
gelangt a.a.O. zu dieser Folgerung:
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Die Ähnlichkeit im Aufbau und die zahlreichen einzelnen
Berührungspunkte
zwischen „Osantrix und Oda“ und „König Rother“ deuten darauf hin, daß
die beiden Sagen auf eine gemeinsame Quelle zurückgehen.
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Wiederum werden
auch mit dieser Brautwerbung in der Thidrekssaga und altschwedischen
Überlieferung machtpolitische Ambitionen durch Einheirat in ein nahe
gelegenes oder – wahrscheinlicher – angrenzendes Königtum
verdeutlicht. 
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7 Die u.a. strukturschematische
Verbesserungen
anstrebende, jedoch dabei auch erzähllogische Mängel hinterlassende
Arbeit
des dritten Membrane-Redaktors „Mb 3“ erweist Widersprüche im
Zusammenwirken mit gestrichenen u./o. rekursiv betroffenen
Berichtteilen seines Vorgängers. Zu den bemerkenswertesten
Hinterlassenschaften des dritten Skriptors der Festlandhandschrift
zählen weniger jene Ungereimtheiten/Dopplungen mit „Hildebrands
Schwertschlagtechnik“ (nach Mb 187 verspätet), Heimes Beschaffung von
Falke für Dietrich (ebenfalls
erzählungschronologisch weniger
gravierend, vgl. Mb 100 mit Mb 188), Tilgung und Darstellungsausschluss
des eddisch-volsungischen Sigurd-Mörders Guthorm, die
namentliche Angleichung des Niflungenvaters an oberdeutsche Tradition,
der Eingriff in die Abfolge der Heldeneinführungen (Mb 177–180). Es
sind eher die Wiederauferstehung des Osantrix und vor allem jene
„Interpolation“ mit einem eher importierten kontinentalen denn
altnordisch originären Bericht über Sigfrids Geburt und
Findlingsschicksal, mit dem der Schriftführer der Festlandhandschrift
die kontextuell erheblich realistischere wie in der Vǫlsunga
saga bewahrte Traditionslinie übertüncht.
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Der zweite
Redaktor der Festlandhandschrift möchte zu den Niflungen offenbar an
altwestnordisch verwurzelten Stoffelementen festhalten, deren
namentliche
sowie bestimmte inhaltliche Merkmale selbst anhand der jüngeren
A-Handschrift unschwer nachvollzogen werden können.
Dagegen ist der dritte Redaktor und Chefrezensent als Bindeglied zu
niederdeutschen wie auch oberdeutschen Traditionsstufen zu
identifizieren. Seine Kompetenz erweist sich nicht nur in der
Niflungen-Genealogie, sondern auch zur Heraldik (Heldeneinführungen)
sowie der niederdeutsch zu lokalisierenden Rache des Hǫgni-Sohns als
angehängter
„niflungischer Schlussbericht“ an der Stockholmer Handschrift. Weiter
zu erwähnen ist vor allem die von ihm gebilligte und offensichtlich aus
oberdeutscher Tradition rezipierte Darstellung von Sigfrids Tod nach
der Version des vierten Redaktors.(iv)
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Den heldeneddischen Überlieferungen und insoweit auch der Vǫlsungasaga(v)
sind die von oberdeutscher Dichtung gewürdigten
Nibelungenbrüder Giselher und Gern(h)o(l)t
gänzlich unbekannt, wobei der Letztgenannte (Ersatzgestalt
für Guthorm – Guttorm?)
von der germanistischen Forschung jedoch wiederholt mit einer
niederdeutschen Schöpfung in Verbindung gebracht wurde.
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Die Arbeit des
dritten Membrane-Redaktors
und mutmaßlichen Redaktionsleiters, einen offenbar älteren
altwestnordischen Quellenbestand im Interesse eines kontinentalen
Stoffangebots zu verdrängen, zeigt sich in dessen Darstellung von
Sigfrids Geburt und Findlingsschicksal: Neben biblischen und
antiquarisch romanischen Motiven soll die besonders in der Pellenz
gedachte Genoveva-Legende als Mitpatin fungiert haben. Allerdings wird
man zum Vorlagenmaterial der Thidrekssaga nicht wahrscheinlich machen
können, dass einem niederdeutschen Quellenlieferanten kontinentale bzw.
karolingische Bibliografie unbekannt gewesen sein muss.
|
Aus dem Fehlen
von Heimes Klosterepisode sowie der bekannten Tatsache noch anderer
Lakunen in der Stockholmer Handschrift darf jedoch nicht ohne Weiteres
gefolgert werden, dass dieser in den jüngeren Textausgaben enthaltene
Bericht dem verantwortlichen Schriftleiter der Festlandhandschrift
nicht vorgelegen haben kann. Wie insbesondere auch die textanalytischen
Untersuchungen von Hermann Reichert folgern lassen, kann von einem
offenbar verschollenen Großwerk als gemeinsame Quelle der verfügbaren
Handschriften ausgegangen werden, siehe Verfasserbeitrag Zur Transmission der
Thidrekssaga
und Didrikskrönikan. |
————————————
iv
Vgl.
Daurel et Beton:
„Gui und Bove“. Zu nennen ist ferner
das mit Karl dem Großen heldenepisch verknüpfte mittelniederländische
Fragment „Van Bere Wisselauwe“. Dieses entstehungszeitlich zwischen dem
12. und 13. Jh. datierbare Werk könnte sehr wohl eine frühe
geschichtliche Tradition dichterisch ausgesponnen haben, deren
Kerninhalte höchstwahrscheinlich nicht, wie dagegen eine spätere
Ausgestaltung erkennen lässt, mit dem karolingischen Großkaiser
verbunden waren. Insofern darf Wildebers schaustellerartiger Auftritt
bei König Osantrix auf einer archaischen Vermittlung beruhen, die von
der Thidrekssaga bzw. ihrem zweiten Redaktor historiografisch
weitergeleitet wird [Verfasser 2007:287].
 |
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v Deren
diakritisch
gesetztes Ogonek-Schriftzeichen wird anderenorts zumeist vernachlässigt.  |
 |
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8 Darf mit Kleins Ausfilterungen von
Regieführung und
Gestaltungstektonik die Thidrekssaga als eine auf das 5.–6. Jh.
fokussierende historische Quelle ausgeschlossen werden?
Nachvollziehbare Einwände, die gegen eine Komposition einer Historia
aus sowohl chronistischem Milieu als auch unterschiedlichen
mittelalterlichen Erzählungsgenres sprechen sollen, wurden von seriöser
Textforschung bislang nicht vorgetragen. 
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9 Nach vorherrschendem Konsens ist
unstrittig, dass
importierte nüchterne Berichtstilistik einer Anpassung an altnordischer
Literaturauffassung bedurfte.
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Wie der Verfasser auch anderenorts darauf hinweist, erwähnt F. H. von
der Hagen
zu seiner Übersetzung offensichtlich jene lateinische Textfassung der
Thidrekssaga, die Johan Peringskiöld in seinen Textausgaben von 1715
als zeitgenössische Übersetzung mitanführt. Nach textsymptomatischen
Merkmalen will William J. Pfaff eine lateinische Vorlage für den
Bergenser Hof keineswegs ausschließen [1962:951].

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Der Verfasser dieses Berichts teilt die uns näher
vorgestellten zwölf Gefolgsleute von König Dietrich nicht in gleicher
Anzahl auf beide Sitzreihen auf. Diese recht auffällige unsymmetrische
Platzierung muss, wegen hier zu erwartender (6+6)-Anordnung, aber keineswegs auf eine nachlässige Gestaltung
des Erzählers hindeuten. Seine Angaben über die Sitzfolgen der Helden
an der Tafel des Berner Königs mögen vielmehr einem Brauch
entsprechen, der seit Eintritt in den königlichen Dienst für jeden
seiner Gefolgsmänner einen bestimmten und unveränderlichen Sitz
vorsieht. Demnach, so der wahrscheinliche Fingerzeig des
Berichtverfassers, bietet Dietrichs
Tafel also Platz für 16
Gefolgsmänner. Hierzu gehören die überlieferungsspezifisch behandelten
zwölf Kämpen, die für den Bertanga-Zug des noch jungen Königs erwählt bzw. erschienen
sind. 
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11
Siehe auch Verfasserbeitrag Die
Mosel im Licht von Thidrekssaga und Dietrich-Chronik.
Der Verfasser führt auch dort wie in seinen
übrigen Beiträgen die gegenüber der Stockholmer Handschrift Membrane
jünger datierten altisländischen
Manuskripte
unter dem Begriff der „altwestnordischen“. 
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12 Der Verfasser 2007:427 mit einer
Interpretation von Mb
16, die sich auf das lohnenswert erscheinende Ausplündern eines
Bergwerks samt Edelmetallschmiede als vermenschlichtes Riesenpaar
bezieht – Grim und Hilde. Hätte Dietrichs Jugenderfahrung Heime
hier (Mb 436 A/B) vor Schlimmerem bewahren können? (Dietrich kann nur
wenig später diesen „Riesen“ bezwingen.)
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Die Gleichsetzung eines „Riesen“ mit einem ausnehmend großwüchsigen
Menschen darf, wie auch Ritter-Schaumburg anmerkt, von
mittelalterlicher Geschichtsschreibung in Anspruch genommen werden.
(Nach älterem umgangssprachlichen, vor allem im oberdeutschen Raum
verwendeten Vokabular versteht man unter einem „Gebirgsriesen“ eine
talwärts führende und seinerzeit üblicherweise aus Holz gefertigte
Trasse zum Abtransport von Abbau- u./o. Abfallmaterial. Zu Heimes Ende
ist demnach vielmehr wahrscheinlich, dass wegen misslungener, seinen
Tod verursachender Zerstörung einer solchen Anlage der damit erhobene
Anspruch auf ein ertragreiches Abbaugebiet scheiterte.)
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Übrigens darf das in Mb 16 überlieferte Jugendabenteuer von Thidrek
auch einen
geografischen Hinweis enthalten: Wenn er nach diesem Bericht Vögel und
Wildtiere til nóns bzw. bis zur None
gejagt haben soll, so begegnet man in der Hocheifel bei Nohn, also im Varner
bzw. Berner Reich von Thidreks Vater,
dem „Nohner Bach“ (Nonabach). Siehe zum analogen Passus in Mb
272 (Erschlagung des Jarl Iron) die Textauffassung von Fine
Erichsen. (Dazu der Verfasser mit
Quellenhinweis 2007:321–323.) 
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13 Das Ausscheiden der Vierergruppe
aus Hornboge,
Amelung, Sintram und Herbrand spiegelt insofern ein Sequenzmuster aus
ihren Einführungen, als eben dort zwischen ihnen stets ein nicht dieser
Formation angehörender Held als „Verbindungsmann“ auftaucht. (Man
beachte die Unschärfe bei den Einleitungen von Hornboge und Witig.) Es
folgen die Berichte über die Todesschicksale der nach den Einführungen
dann sequenziell formierten Dreiergruppe aus Wildeber, Þetleif
und Fasold, gefolgt vom Fall der Zweiheit Gunter und Hagen. Mit
Heime, der als „Ludwig“ aus dem Wadhincúsan-Moniage mit
besonderem erzählungsexponierten Gewicht hervortritt, liegt eine
scheinbar subtil verkleidete Gruppenformation 4 – 3 – 2 – 1
vor. Nach der daraus folgenden runden Quersumme verbleiben noch zwei
Helden: Für Witig = Wideke reicht die altschwedische Dietrich-Chronik
eine offensichtlich später edierte Schlussgestaltung nach. Eine
Sonderstellung beansprucht wohl auch der immerhin an später
quelltextlicher Stelle kurz erwähnte Tod von Hildebrand, der in obigem
Formationssystem Heime vielleicht ersetzen, jedoch nicht unkritisch mit
allen übrigen Gefolgsleuten des Berner Königs gleichbehandelt werden
darf. Und auch für Sigfrid als den Dreizehnten im Bunde darf eine
plausible Einbindungsgrundlage gesucht werden. Man wird sie sicher
finden.
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So wenig der
sich inhaltlich rasch verflüchtigende Zwölferbund dem Leser in
Erinnerung bleibt, so sehr mögen der Textkritik unter z.T. fraglicher
gattungsliterarischer Vorzeichensetzung Schlussziehungen aus den
Heldeneinführungen und -abgängen überlassen sein.
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Wäre die
Thidrekssaga im vordringlichen Interesse ihrer Vorlesung am
altnorwegischen Königshof verfasst worden, so müsste die
vermittlerisch-typologische Wirksamkeit der gestaltungsprägnant
erscheinenden Heldeneinführungen und -abgänge für einen zweifellos
mehrere Sitzungen bedürfenden Hörerkreis kritisch hinterfragt werden.
Auch vor diesem Hintergrund lässt sich die
Thidrekssaga gegenüber anderen im 13. Jh. importierten,
allerdings noch z.T. verfügbaren Schriftquellen weniger mit
sophistischen Ambitionen eines altwestnordischen Skriptoriums als
vielmehr
mit einer auch von anderen überlieferungscharakteristischen
Zusammenhängen nahegelegten Großvorlage aus kontinentaler
Urheberschaft wahrscheinlich machen. 
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Quellen
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Gudmund
Schütte, Gotthiod und Utgard.
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https://www.badenhausen.net/harz/svava/Transmission_Sv.htm
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