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1641
Im Jahre 1641 wurde jedoch Dorsten von 20000 Soldaten eingeschlossen, und es kam zur der

Belagerung der Festung Dorsten

Das auf der Belagerungskarte angegebene Quartierverzeichnis [1700;50] zeigt die beteiligten Regimenter, ihre Führer und die Anzahl der Kompanien. Insgesamt waren an der Belagerung rund 20.000 Mann beteiligt. Für alle diese Menschen musste Proviant sowie für die Pferde Futter herbeigeschafft werden. Zusätzlich mußte der Tross versorgt werden. Man rechnete damals pro 1000 Soldaten 500 Frauen und 300 Kinder. Somit war die Gesamtzahl der zu versorgenden Menschen 36000. Der Tross musste aber nicht nur versorgt, sondern auch beschützt werden. Es ist daher nicht verwunderlich, dass sämtliche Lager mit aufgeworfenen Erdwällen geschützt wurden.

Die Angriffe auf die Stadt Dorsten wurden 1641 von drei Seiten aus unternommen. Dabei konnten Attacken, die auf das Essener Tor durchgeführt wurden, erfolgreich abgeschlagen werden. Konzentrierte Angriffe auf die Bastionen vor der Lippebrücke und vor dem Lippetor, der Dauerbeschuss auf die Stadtmauer am Finkennest [1180;1365], das dem heutigen Johanneskamp nahe gelegen war, sowie die Zerstörung des Stauwehres des äußeren Wassergrabens sollten schließlich nach 65-tägiger Belagerung zur Kapitulation der hessischen Verteidiger führen. An der Westseite der Festung waren die Laufgräben der kaiserlichen Angreifer sehr eng gezogen [1300;900 - 1400;1350]. Hier kämpfte von Süden kommend die Infanterie der Pinau'schen Truppen, die sich mit den Regimentern von Demersy aus dem Norden traf. In der Nähe der Lippe wurden Kanonenbatterien aufgestellt, die auf das Finkennest zielten. Über die Demersy'sche Laufbrücke konnten sich die Truppen in ihr nördlich der Lippe gelegenes Lager zurückziehen.

15. Juni
 
Das Heer des kaiserlichen Generalfeldmarschalls Melchior von Hatzfeld erscheint vor Dorsten und schließt die südliche Seite ein. Zu gleicher Zeit rückt Generalfeldzeugmeister Alexander von Vehlen (Bild) von Norden auf Dorsten zu und schließt den Belagerungsring.

Von Hatzfeld schlägt sein Hauptquartier im Süden Dorstens noch vor dem Gelände des heutigen MovieWorld-Parks (Kirchellen bei Gladbeck) beim Vetten Bockem [550;50] in ca. 2,5 km Entfernung von Dorsten auf. Da sich hier unter anderem die Kriegskasse befindet, wird das Lager durch Erdwälle und Gräben befestigt. Die Nummer 11 auf der Belagerungskarte bezeichnet das Meutter'sche Lager, in dem sich die Kavallerie mit einer Stärke von insgesamt 13 Kompanien, also ca. 1800 Mann befindet. Das Siechenhaus [1230;430] ist weniger als 1 km vom Hatzfeld'schen Lager entfernt. Südlich des Siechenhauses, etwa 2 km Luftlinie von der Stadtmitte entfernt, liegt das mit Nr. 8 bezifferte Lager des Generalwachtmeisters Trautisch [1000;200]. Neben seinem eigenen Regiment mit 6 Kompanien liegen dort auch die Reiterregimenter des Generalfeldmarschalls von Hatzfeld und das Philipp'sche Reiterregiment. Zusammen sind es - der Fahnenanzahl entsprechend - 15 Kompanien mit einer Stärke von insgesamt knapp 2000 Mann. Jenseits des Schölzbaches, nur wenige hundert Meter vom Siechenhaus, besteht das Binau'sche Lager (Nr. 6) aus Infanterie mit einer Truppenstärke von 26 Kompanien, also ca. 3800 Mann. Das Lager ist nur ca. 1,5 km von der Stadtmitte entfernt.

In der Nähe der Barloer Mühle [150;1000] bezieht das Dragoner Regiment Corasco mit 2 Kompanien Quartier. Auf der Karte ist ein wichtiger Abschnitt des südlichen äußeren Belagerungsrings zu erkennen; seine Laufgräben wurden von den Infanterietruppen des Binau'schen Lagers vorgetrieben. Unweit der südlichen Bastion der Stadt befindet sich noch der sogenannte Soldatenfriedhof [850;800], auf dem diejenigen beerdigt werden, die keine Bürger der Stadt Dorsten waren.
Durch aufgeworfene Wälle wird neben der Mühle ein kleiner Verteidigungsposten mit einem schmalen Eingang, von Dorsten abgewandt, errichtet. Östlich des Recklinghäuser Tores am nördlichen Lippeufer liegen die mit Nr. 7 (wie zu Corasco) benannten drei Westphal'schen Reiterregimenter [400;1350]. Sie haben über eine von den Sparr'schen Infanterieregimentern geschlagene Laufbrücke Verbindung zu dem südlichen Teil der Belagerungstruppen. Das Recklinghäuser Tor wird wegen der sumpfigen Bodenbeschaffenheit nicht bestürmt. Vielmehr konzentrieren sich alle Bemühungen auf die Bastionen des Lippetores bzw. der Lippebrücke.

Südlich der Lippe und westlich von Dorsten, befindet sich das Ohr'sche Lager (Nr. 9) [2300;1200], in dem die Reiterregimenter von Ohr mit 6 und von Salm mit 10 Kompanien lagen. Generalfeldzeugmeister Alexander von Vehlen hat während der Belagerung seinen Kommandostand bei Haus Hagenbeck (zu Holsterhausen), das mit Nr. 2 bezeichnet ist. Vehlen besitzt ein Schloß im nahegelegenen Raesfeld, das er mit den Kriegsgewinnen dieser Zeit ausbauen kann. In seiner Nachbarschaft, hinter den Hügeln des Hohenkamps im Nordwesten von Dorsten, hat das Infanterieregiment von Demersy sein Lager errichtet (Nr. 5) [1700;1950]. In der Nähe des Dorfes Holsterhausen [1900;2300] befindet sich das Epptische Lager, in dem insgesamt 22 Reiterregimenter von Eppe, Knich, Zarradetzkel und Alt Nassau liegen (Nr. 10). Insgesamt 18 Kompanien des Barons Demersy heben südlich des Hohenkamps Laufgräben aus, die dann zur zweiten und dritten Parallele unmittelbar vor den befestigten Brückenkopf führen.

Die ersten 14 Kanonen werden nördlich der Lippe, etwa am Verlauf der heutigen B224 (Hohenfeld) stationiert. Im Marienviertel, und zwar bis zum Mündungsbereich der heutigen Borkener und Pliesterbecker Straße, steht ein befestigtes Lager und Belagerungspark [380;2000 - 970;2300], in dem die Infanterieregimenter von Sparr (Bild) mit 6 Kompanien, das Regiment Hatzfeld mit 6 Kompanien, das Regiment Vehlen mit 6 Kompanien, das Regiment Seybertorf mit 8 Kompanien sowie das Regiment Westphal mit 5 Kompanien untergebracht sind. Insgesamt lagern dort mit Tross rund 5000 Menschen.

Die Verteidiger sind deutlich in der Minderzahl:
Kommandant Kotz und Oberkommandant Geyso zählen Anfang Juli 1600 Mann, die kurz vor der Einschließung durch 400 Mann aus Kalkar auf 2000 Soldaten aufgestockt werden.

Während die eingeschlossenen 2000 Verteidiger und die zivile Bevölkerung von Dorsten von ihren kärglichen Vorräten leben müssen, haben die Angreifer einen Bedarf für 20.000 Soldaten und den Tross, bestehend aus ca. 10000 Frauen und ca. 6000 Kindern. Zu dem müssen die Pferde der Kavallerie (ca. 8800 Stück) und die Pack- und Lastpferde mit Heu bzw. Hafer versorgt werden. So wurde am 16. Juli von der Stadt Recklinghausen 3000 Pfund Brot, 16 Tonnen Bier, 4 Rinder und 15 Sack Hafer für das Lager in Dorsten eingetrieben, sicher nur ein marginaler Bruchteil des tatsächlichen Bedarfs.

  Es war üblich, dass das "gastgebende" Land, in dem sich die Armeen befanden, für die Verpflegung und Versorgung aufzukommen hatte. Ein Edikt, das Tilly im Jahre 1630 in Regensburg herausgegeben hat, mag einen Eindruck darüber geben, welche Lasten der heimgesuchten Bevölkerung aufgehalst wurden. Links:

Das Edikt von Tilly
 

1641
Angriffsvorbereitungen

Im Kugelhagel der Festungsgeschütze treibt das Regiment des Grafen Sparr von seinem Lager einen Laufgraben in Richtung Bastion. Überwiegend nachts werden 4 Fuß tiefe Gräben ausgehoben. Die Erde wird zur Feindesseite aufgeworfen, so dass ein ausreichend hohe Schutz erreicht wird.

750 Schritt vor der vordersten Bastion, dem Brückenkopf, wird die erste "Parallele" gezogen [1120;1560].

Hinter Erdhügeln oder aufgeschütteten Wällen werden Kanonen und Mörser aufgestellt, mit denen die Festungsgeschütze beschossen werden. Bei Tage wurde die erste Parallele verbreitet, der Erdauswurf verstärkt und gleichzeitig wurden gedeckte Zugänge von rückwärts nach ihr geschaffen. Gegen stärkere Ausfälle werden geschlossene viereckige Schanzen auf den Flügeln aufgeworfen und zur Bekämpfung des Geschützes in den Vorwerken Ricochet- und Wurfbatterien aufgestellt. Aus der ersten Parallele treiben die Angreifer Laufgräben gegen die Festung bis auf etwa 400 Schritt Entfernung vor. Die Schanzarbeiten werden meist bei Nacht ausgeführt, während die Verteidiger durch Kleingewehr-, Wallbüchsen- und Kartätschenfeuer das Auswerfen der Annäherungsgräben zu verhindern suchten. Aus der zweiten Parallele werden schließlich unter Benutzung von Schutzschilden Laufgräben bis an die Befestigungswälle vorangetrieben. Von dieser Stellung aus sollte später der Brückenkopf im Sturm gewonnen werden.

Die Belagerten wehren sich tapfer, entschlossen und tollkühn:
Die Landgräfin von Hessen Amalie Elisabeth, die 1637 nach der Ächtung ihres Mannes Wilhelm V. die Regierungsgeschäfte von Hessen Kassel übernommen hat und sich zäh und mit Umsicht in den politischen Machtkämpfen zu behaupten weiß, schreibt an den Herzog von Braunschweig, der Wolfenbüttel belagert:

4. August:

"Die Belagerten tun mit Schießen und Ausfällen großen Schaden, doch ist der Feind mit den Approchen bei der Recklinghäuser und Lippeschanze bis an den Graben gekommen, daher schleuniger Entsatz nötig."

Das Vordringen der Belagerer

Durch Dauerbeschuss bringen die Angreifer den Verteidigern große Verluste bei. Deren Verteidigungskraft nimmt zusehends ab.
Die kaiserlichen Angreifer schanzen nördlich der Lippe die nächsten Laufgräben in Richtung nördliche Bastion aus. Der zweite parallel verlaufende Schützengraben in nur 400 Schritt Entfernung wird gegraben. In dieser werden die Demontierbatterien eingerichtet, die die Wälle senkrecht beschießbar und besonders die Geschütze unbrauchbar machen sollen. Es werden Mörser eingesetzt, die die auf den Verteidigungswällen aufgestellten Geschütze zerstören sollen.
Die Belagerer schießen nicht nur von Norden, sondern auch von der Südseite, wo jenseits des Schölzbaches etwa auf der Mitte zwischen Siechenhaus und Essener Tor eine Batterie von 11 Geschützen aufgestellt wird. Die hessischen Verteidiger wehren mit verzweifelten Anstrengungen ein Überschreiten des Schölzbaches ab.

Nachts graben die Belagerer westlich des Schölzbaches Verbindungsgräben nach Norden, um eine Verbindung mit dem vorschreitenden nördlichen Angriff herzustellen, vgl. [1300;900 - 1400;1350]. Die Zerstörung der Festungsgeschütze nimmt gravierende Ausmaße an: Eines Nachts unternehmen die Hessen einen Ausfall aus dem Brückenkopf. Es gelingt ihnen tatsächlich, eine Batterie von Mörsern zu zerstören. Sie bezahlen dies mit vielen Toten, während das zerstörte Kriegsmaterial auf der Gegenseite wieder ersetzt wird.

Gegen ein Trommelfeuer der Verteidiger heben die kaiserlichen Infanteristen weitere Laufgräben nach vorne aus. Sie schützen sich durch Körbe, die mit Erde gefüllt sind und auf Rollen nach vorne geschoben werden können. Die Seiten werden durch Schanzkörbe abgedeckt.
So gelangen sie bis an den Rand der äußersten Befestigungsanlagen, dem flach ansteigenden Glacis, das ihnen keinerlei Deckung bietet.
Hier wird der dritte Schützengraben ausgehoben.

10. August:

Die Erstürmung des Brückenkopfes
Amalie Elisabeth schreibt: "Die Belagerer sind der Contreescarpe (der äußersten Deckung für die Verteidiger) so nahe gekommen, dass sie einander Brot zuwerfen können." Damit war offenbar der Angriff auf den Brückenkopf gemeint.
Unter Feuerschutz der Musketiere erstürmen die Pikeniere der Infanterie und die von ihren Pferde abgesessenen Dragoner der Kavallerie den Brückenkopf.

Dies war ein entscheidender Schlag gegen die Verteidiger, da sie nun nicht mehr in der Lage waren, sich in Ausfällen gegen das nördliche Heer zu wehren und sich somit Erleichterung zu schaffen.

Dorsten wird sturmreif geschossen:
Nachdem der Brückenkopf gefallen war, beginnt ein heftiger Beschuss der nächst gelegenen Bastionen, der es schließlich möglicht, Laufbrücken über die Lippe zu schlagen. Dies wurde durch den Umstand begünstigt, dass die Lippe bereits Niedrigwasser führte. Die stadtseitigen Uferböschungen waren deshalb weitgehend frei und bieten den Angreifern zusätzlichen Schutz zu den Laufgräben, die umgehend ausgehoben wurden.

1641
24. August:

Amalie Elisabeth schreibt, dass das Stau- bzw. Wasserwehr, welches den Wasserpegel der Wassergräben kontrolliert, unter heftigen Beschuss genommen wird. Ziel der Belagerer ist es, den Wassergraben trocken zu legen, um den Sturm auf die Bastion zu beginnen. Die hessischen Verteidiger setzen alles daran, den "Steinernen Bären" zu erhalten. Nachts, unter Feuerschutz, wird mit allen möglichen Materialien das Wehr wieder in Stand gesetzt, tagsüber durch Kanonenkugeln wieder zerstört. Ein Tag später wird westlich des Lippetors die erste Bresche geschossen.

4. September:

Der hessische Gesandte Krosigk meldet seiner Fürstin Amalie Elisabeth: "Der Feind brauchet zu Dorsten großen Ernst und beginnt nunmehr das Wasser dafür zu nehmen".
Krosigk bittet verzweifelt den Oberst Rabenhaupt in Borken, "koste es, was es wolle, Volk in Dorsten zu werfen".

Weiter wird berichtet, dass nun nach Überquerung der Lippe von beiden Seiten längs des Ufers Laufgräben ausgehoben werden. Der östliche Graben, der zur Verteidigerseite mit erdverfüllten Körben versehen ist, zielt direkt auf die kleine Bastion zwischen Lippe und den Erdwällen [1000;1530].
Von Westen nähert sich der Laufgraben dem Wasserwehr des äußeren Wassergrabens. Die Verteidiger errichten im Kugelhagel in unmittelbarer Nähe des Wehres einen Verteidigungswall, um das Näherkommen der Feinde zu verhindern.
Ein blutiger Kampf entsteht um die einzelnen Bastionen und das Wehr. Die Angreifer, hinter vorgerollten, mit Erde gefüllten Körben, sind dem Gegner so nahe, dass sie das "Weiße des Auges" erkennen können. Die Angreifer sind zahlenmäßig weit überlegen.

8. September:

Es wird berichtet, dass bei einem Sturm auf das Finkennest 350 Angreifer getötet werden. Die zwischen der Stadt und der Lippe errichtete kleine Bastion, der sogenannte Halbmond, wird unter schweren Verlusten genommen. Die Verteidiger ziehen sich zurück und werfen von den inneren, höheren Wällen Handgranaten, nachts zusätzlich Pechkränze, um die Gegner besser zu sehen. Da sämtliche Bastionen zur Stadt hin offen und somit zunächst ohne Schutz sind, haben die kaiserlichen Truppen Schwierigkeiten, das eroberte Terrain zu halten.

Nachdem auch von Westen die Angreifer bis an die Bastion gegenüber des Lippetores gekommen waren, wird ein Damm über den Wassergraben aufgeworfen, der eine Brustwehr erhält, um Schutz vor dem Verteidigungsfeuer von der nordöstlichen Bastion zu bieten. Die westliche Flanke und die Kehle der erklommenen Bastion werden sogleich in Angriffswerke umgewandelt, die die gegenüberliegende Flanke der Bastion am Finkennest und die Verteidiger auf der Bresche zu bekämpfen haben. Auch der Übergang über den alten Stadtgraben wird durch einen Damm vorbereitet, der mit Schulterdeckung gegen die Flanke zum Finkennest gedeckt ist und westlich vom Lippetor geradezu auf die Bresche führt, zu der die Sturmkolonnen unter Deckung gelangen können.

12. September:

Alle Leitern in der Umgegend werden eingefordert, um die zusammengeschmolzene Besatzung großflächig anzugreifen, ihre Kräfte dadurch zu zersplittern und somit den Sturm auf die Bresche am Finkennest vorzunehmen.

Mittlerweile ist der Wasserpegel in den Wassergräben stark abgesenkt. Trotz heftigen Beschusses werden über den äußeren und auch den inneren Wassergraben Dämme mit Flankenschutz gegen das seitliche Abwehrfeuer errichtet.

Amalie Elisabeth erreicht nach langwierigen Interventionen, dass von der Belagerung Wolfenbüttels hessische Truppen abgezogen werden, die zum Entsatz nach Dorsten eilen.
Als diese endlich abgestellt werden, kommt nach 2 Tagemärschen jedoch die Nachricht vom Fall der Festung Dorsten:

Es ist der 18. September,

als die Bresche am Finkennest so breit ist, dass ein Regiment in Marschformation hindurch marschieren kann und die Dämme über die Wassergräben einen Sturmlauf ermöglichen, schickt von Hatzfeld am Mittwoch, dem 18. September einen Parlamentär:

Folgende Konditionen für die Übergabe werden festgelegt:
Am 19. September solle die ganze hessische Besatzung, die Infanterie mit fliegenden Fahnen, brennenden und beigehangenen Lunten, Kugeln im Lauf, gefüllten Patronentaschen und ebenso die Kavallerie mit ihren Waffen, den Hahn an den Pistolen
aufgezogen, unter Trommel- und Trompetenschall, nebst Weibern, Kindern, Dienern, Wagen, Pferden und Gepäck nach Lippstadt und Kassel abziehen. Auch 2 Geschütze, wovon aber keines über 12 Pfund Eisen schieße, dürfen sie mitnehmen.
Freier Abzug wird auch für die Bau- und Werkmeister, Hessischen Räte, Kommissare, Beamten, den Direktor des Justizwesens, den Kriegskommissar, den Kammerschreiber, Magazinverwalter, Apotheker, den reformierten Pfarrer, Schullehrer und Küster nebst Familie vereinbart.

Als neuer Kommandant zieht Johann Reumont (Bild) in Dorsten ein, der noch bei den Verhandlungen zum Westfälischen Frieden eine wichtige Rolle spielen wird. Die verwundeten hessischen Soldaten wurden nach Borken transportiert, die nicht Transportfähigen mit den kaiserlichen Verwundeten in Dorsten gepflegt. Als die hessische Besatzung auszog, war sie nur noch 650 Mann stark. An Mehl und kleiner Munition hat es nicht gefehlt, wohl aber an Geschützkugeln. Die Hessen ersetzten diesen Mangel durch ihre tapferen Ausfälle.

In den 65 Tagen der Belagerung beschossen 30 schwere Geschütze die Stadt. 900 Bomben und Granaten bis zu 180 Pfund wurden in die Stadt geschleudert. Der jämmerliche Ruin der Stadt Dorsten, so heißt es im Theatrum Europäum, läßt sich ermessen.
1674 ließ der Herzog von Braunschweig, dem die Unterhaltung der Festung zu kostspielig war, die Verteidigungsanlagen niederreissen und einebnen.

Fortan, so heißt es in der Geschichtsschreibung, war Dorsten seinen Angreifern hilf- und wehrlos ausgeliefert.


 

Steinerner Bär
 

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Anmerkungen
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Johann Freiherr von Geyso
geboren 1593 in Borken (Hessen), gestorben 1661, war im Dreißigjährigen Krieg ein General der Truppen von Hessen - Kassel. Agierte 1636 als Kommandant von Paderborn, 1641 als Kommandant von Dorsten und war in der Folgezeit an zahlreichen Belagerungen und Eroberungen beteiligt. {zurück}

Melchior von Hatzfeld
geboren 1593, gestorben 1658, als ältester von drei Brüdern. Sein Vater war Sebastian von Hatzfeld, der in erster Ehe Lucia von Säckingen geheiratet hatte. Melchiors Bruder Franz, geb. 1596, wurde Fürstbischof zu Würzburg und starb 1642. Hermann, geboren 1603, war bis 1641 Reichsgraf und starb 1677. Melchior von Hatzfeld blieb sein Leben lang unverheiratet. Er wurde Kaiserlicher Generalfeldmarschall und eroberte im September 1641 das von den Hessen besetzte Dorsten nach einer Belagerung von 65 Tagen. {zurück}

Johann Graf von Goetzen
geboren 1599, gestorben 1645, Kaiserlicher Feldherr; 1628 Kommandant von Rügen, erobert 1635 Würzburg, belagert Hanau, erobert Lemgo 1636, dann Bielefeld, Paderborn, Dortmund, Lünen, Hamm, Werl, Soest; siegt über die Hessen bei Dorsten.