21.11.2011
[Aktualisiert am 30.04.2013]
Nibelungentode
in Xanten: Über die Versenkung eines Nibelungen(h)orts
Auf
rund 600 000 Euro soll er nach jüngsten Schätzungen
bilanziert worden
sein, jener wahrhaftige Xantener „Nibelungen(h)ort“. Doch dazu um so
überraschender die Erkenntnis, dass tatsächlich nur wenige
(besser
gesagt: viel zu wenige) Schatzsucher in seine niederrheinischen
Aufbewahrungskammern gleich unter dem geschichtsträchtigen
Xantener
Meerturm vorgedrungen sind.
Wegen
posaunenloser Herolde und realitätsferner
Schatzhortwächter?
Diese
Frage drängt sich in der Tat auf, muss hier aber nicht weiter
ergründet
werden, weil sie von aktueller Berichterstattung längst
angeschnitten
und zumindest ansatzweise transparent gemacht wurde. So schreibt Der Westen am 28.10.2011 in seinem Online-Portal: Die
Rolle des tragischen Helden in der Pleitegeschichte spielt
Museumsleiter Dr. Ralph Trost, den sein früherer Freund und
Bürgermeister von Xanten, Christian Strunk, auf den Posten gehoben
hatte...1
Die
Niederrhein Nachrichten Online
ergänzen die Xantener Nibelungen-Posse mit kaum zu
überbrückenden
Verstimmungen zwischen dem Xantener Stadtrat, der die von Trost
verwalteten Schätze und den Schuldensalat vom Förderverein
„Nibelungen(h)ort“ gar übernehmen wollte, doch letztlich an dessen
Veto
– Christian Strunk ist auch Vorsitzender dieses Trägers –
scheiterte.
Immerhin meldete die Niederrheinzeitung noch
zum personellen
Effekt von Nebenwirkung und Unverträglichkeit per
zitatgemäßen kulturellen Offenbarungseid des Rates der
Stadt Xanten (!),
dass Ehefrau Sabine von Ex-Museumsleiter Ralph Trost den sofortigen
Rücktritt von ihrer Funktion als stellvertretende Vorsitzende des
Vereins „Stadtkultur Xanten e.V.“ lauthals verkündete.2
Realitätsferner
Schatzhortwächter?
Fakt
ist, dass Ralph Trost mit wahrlich beeindruckender Ignoranz und
Konsequenz zu vermeiden wusste, die mit gehörigem
Jahrhundertabstand
meistverkaufte Bestseller-Thematisierung aus und zur
Nibelungenphilologie – Heinz Ritter-Schaumburgs nordwärts ziehende
Nibelungen – in seinen nicht nur blattstarken Hort aufzunehmen. Dies
zeigte die vom designierten Museumsleiter nicht ansatzweise angedeutete
Dialogbereitschaft und Integrationskompetenz in Beantwortung meiner
schriftliche Anfrage während der Einrichtungsphase des Xantener
Museums.
Fakt
dazu ist aber auch, dass zu jener Zeit eine inzwischen emeritierte
Universitätsprofessorin in treuhänderischer Funktion eine
nicht
unerhebliche Restsumme aus dem finanziellen Fundus der Schaumburg-Gesellschaft
für Dichtung und
Frühgeschichtsforschung e. V. in
den Finanzierungstopf des Xantener „Nibelungen(h)orts“ verschoben
hatte. Und dazu wurden alle eindringlichen Appelle in den Wind
geschlagen, die Prof. Dr. Werner Rutz, Vorsitzender der im Jahr 2000
aufgelösten Schaumburg-Gesellschaft, mit mahnenden Hinweisen auf
die
einst von Heinz Ritter-Schaumburg sinngebunden verfügte
Mittelverwendung an die Bochumer Nordistik-Professorin gerichtet hatte.
Ein Vorgang, der bei genauerer Betrachtung gehöriges Stirnrunzeln
bei
manchem Fachjuristen hervorrufen dürfte.
Da
die Museumsleitung jedoch nicht das geringste Interesse an einer wie
auch immer forschungshistorisch und
vorgangsrelevant längst gebotenen Exposition von
Ritter-Schaumburgs
Nibelungenrezeption zeigte, hatte ich im Einvernehmen mit Prof. Werner
Rutz zuvor eigeninitiativ sondierte und dabei beachtlichen Erfolg
versprechende Vorgespräche mit Großunternehmen abgebrochen,
die als
namhafte Energieversorger, Telekommunikationsanbieter und
Kamerahersteller bereits ihr grundsätzliches Interesse als
Sponsoren
des Xantener „Nibelungen(h)orts“ zu erkennen gegeben hatten. Damit
gingen beträchtliche potenzielle Spendermittel für den
Förderverein
verloren, die bei ungleich attraktiver zu realisierenden
Marketingstrategien und Eventkonzepten (!) den Xantener
Nibelungenstandort hätten etablieren und sichern können. Wohl
nur ein schwacher Trost für
alle, die einen fluchbeladenen „Nibelungen(h)ort“ ebenda für
unmöglich
hielten und die mehr als dessen insolvent reklamierten Bestand erwartet
hatten?
Gegen
Fehlplanung und Missmanagement kein Kraut gewachsen?
Mit
Trosts Nachfolger Marco van Bel wurde Mitte Mai 2012 ein neuer Akt im
Xantener Nibelungendrama, jenem neuxantener Siegfriedmuseum
eingeläutet. Neu inszeniert für einen studierten Museologen,
dessen
Auftritt fast bis ins Ephemere gekürzt wurde: Bereits am
01.08.2012
wird Anke Lyttwin in die Rolle des gebürtigen Niederländers
eingestiegen sein. Wiederum ungeachtet eines kläglich vermissten
architektonischen Nibelungen-Magneten für Xantens APX3
und
Open-Air-Ambiente – denn nur mit solchem Ausrufungszeichen, so der
überwiegende Feedback-Tenor an mich, ließe sich das Xantener
Siegfried-Erbe
mittel- und langfristig vor endgültigem Zerfall in seinem
derzeitigen
Gassen-Dasein bewahren.
Allerdings
verfügt Frau Lyttwin neben ihren bislang ausgeübten Berufen
noch über
eine Fähigkeit, die ihre Vorgänger wohl kaum besessen haben:
Sie ist Kräuterkundlerin.4
Rolf
Badenhausen
Ich
danke an dieser Stelle Herrn Prof. Dr. Werner Rutz, u.a. Mitglied des
Instituts für Deutschlandforschung an der Ruhr-Universität
Bochum, für die Förderung meines Buches Sage und Wirklichkeit aus
finanzellem Mittel der ehem. Schaumburg-Gesellschaft für
Dichtung und Frühgeschichtsforschung e.V.
Verweise
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